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Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD

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Otto Piene

Otto Piene

Otto  Piene
Foto © Burkhard Maus

Otto Piene

Frankfurt am Main, 11. Februar 2013

Katharina Knacker: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, gerade jetzt, wo durch die Verleihung des Max-Beckmann-Preises an Sie Am 12. Februar 2013 wurde Otto Piene (1928 Laasphe – 2014 Berlin) mit dem Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet, der seit 1978 alle drei Jahre für herausragende Leistungen im Kunstfeld vergeben wird. viel los ist.

Otto Piene: Furchtbar viel los! Selbst zu documenta-Zeiten war nicht so viel los wie jetzt im Augenblick, es ist wirklich erstaunlich. Woher sind Sie? Aus Westfalen?

Nein, aus Frankfurt! Ich bin Hessin!

Einer meiner besten Freunde, Heinz Mack, Heinz Mack (* 1931 Lollar) und Otto Piene begründeten zusammen 1957 die ZERO-Bewegung. Zwischen 1957 und 1960 organisierten sie im Rahmen von ZERO neun „Abendausstellungen“ im gemeinsamen Atelier in Düsseldorf, gaben Manifeste und eine Zeitschrift (1958–1961) heraus. Macks erste Einzelausstellung fand 1957 in der Galerie Schmela in Düsseldorf statt, 1966 zeigte die Howard Wise Gallery in New York die erste Einzelausstellung des Künstlers in den USA. Nach Aufenthalten in Marokko, Algerien (1962/63) und New York (1964–1966) arbeitete Mack 1968/69 an seinem „Sahara-Projekt“ in der tunesischen Wüste. Er war auf der documenta 2 (1959), 3 (1964), 4 (1968) und 6 (1977) sowie auf der 35. Biennale von Venedig (1970) vertreten. ist auch aus Hessen. Er ist in Lollar geboren.

An der Lahn, ich weiß, in der Nähe von Bad Laasphe.

Dort bin ich geboren! Der Ort hieß früher Laasphe und ist dann vor ungefähr 15 Jahren in Bad Laasphe umgetauft worden.

Und wann ging es nach Lübbecke?

Sechs Monate nach meiner Geburt. Mein Vater hatte in Laasphe das Gymnasium gegründet. Das war, glaube ich, ursprünglich städtisch. Das ist wohl recht gut gegangen, sodass er dann sehr bald einen weiteren Auftrag bekam, nämlich das Wittekind-Gymnasium in Lübbecke zu „bauen“. Dort bin ich groß geworden und dann kam der Zweite Weltkrieg. Da war dann das aktive, bewegte Leben für meine Eltern vorbei.

Sie waren als 16-Jähriger bei der Flak …

Ich kam mit meiner Klasse zur Flak, das war im Januar 1944. 1946 war ich dann endlich wieder zu Hause. Ich kam einen Tag, bevor das Gymnasium wieder aufgemacht hat, zu Hause in Lübbecke an. Ich kam in den sogenannten „Förderkursus“, damit wir ein ordentliches Abitur machen konnten. Von 1948 bis 19560 war ich Student an der Blocherer Schule, einer mehr oder weniger berühmten privaten Kunstschule in München. Anschließend bin ich nach Düsseldorf gewechselt. Ich hätte, wenn ich in München Examen gemacht hätte, nicht in Westfalen lehren können. Also musste ich wechseln. Das war alles in allem nicht folgenlos, denn dadurch lernte ich meine Freunde an der Akademie in Düsseldorf kennen: Am ersten Tag, als ich in Düsseldorf antrat, habe ich Heinz Mack und Hans Salentin Hans Salentin (1925 Düren – 2009 Köln) gehörte der ZERO-Bewegung wie auch der Gruppe 53 an und arbeitete vor allem mit Collagen und Assemblagen industriell gefertigter Objekte. Er studierte von 1950 bis 1955 an der Kunstakademie Düsseldorf und teilte ab 1955 mit Heinz Mack und Otto Piene ein Atelier in der Gladbacher Straße. Salentin nahm an den ZERO-Abendausstellungen 1, 4 und 7 teil und lieferte für die dritte Ausgabe der ZERO-Zeitschrift einen eigenen Artikel. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1962 in der Galerie Schmela in Düsseldorf. getroffen. Das waren die zwei Wichtigsten, die mit mir später auch in der Gruppe ZERO Ab 1958 verwendeten Heinz Mack und Otto Piene den Begriff „ZERO“ im Kontext ihrer gemeinsamen Ausstellungen sowie als Titel für die drei Ausgaben ihrer in Düsseldorf publizierten Zeitschrift. Ab 1961 nahm auch Günther Uecker regelmäßig an den Ausstellungen und Aktionen von ZERO teil. ZERO stand für die Stunde null, für Aufbruch und einen radikalen Neuanfang nach den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. ZERO setzte sich deutlich vom etablierten Informel ab. Mit neuen Materialien und der Einbeziehung von Bewegung, Licht und Raum in das künstlerische Werk etablierte ZERO eine neue Formensprache. waren.

Ich möchte gerne noch einmal auf Ihre Kindheit zurückkommen. In Interviews haben Sie beschrieben, wie Ihre Mutter Sie geweckt hat und Sie Ihren ersten Zeppelin gesehen haben und dass Ihr Vater, der Physiklehrer war, physikalische Lichtexperimente vorgeführt hat. Zwei Erlebnisse, die schon auf Ihr späteres Schaffen, Ihr künstlerisches Werk, vorausweisen: Die Sky-Art und die Verknüpfung von Wissenschaft und Kunst. Haben Sie sich bereits in Ihrer Kindheit oder Jugend mit Kunst auseinandergesetzt, zum Beispiel durch Literatur oder Museumsbesuche?

Ich bin im Dritten Reich groß geworden. Da war der Umfang der Literatur, der Kunstliteratur, begrenzt. Es war nicht so, wie man es heutzutage kennt, wo jeder alle Bücher hat und alles zugänglich ist und sich alles von selbst versteht. Aber es waren einige Bände im Bücherschatz meiner Eltern, die mich sehr stark beeindruckt haben. Zwei waren Monografien von Paula Modersohn-Becker Paula Modersohn-Becker (geb. Minna Hermine Paula Becker; 1876 Dresden – 1907 Worpswede) entwickelte als Malerin im norddeutschen Künstlerdorf Worpswede einen an den Ausdrucksformen der französischen Avantgarde orientierten Stil und gilt mit ihren ländlichen Porträt- und Landschaftsgemälden als eine der Wegbereiterinnen der Malerei der Moderne. 1896 bis 1898 besuchte sie eine private Malschule in Berlin, ab 1898 hielt sie sich in der Künstlerkolonie Worpswede auf und erhielt Unterricht bei Fritz Mackensen. 1901 heiratete Paula Becker den Maler Otto Modersohn. Zwischen 1900 und 1907 reiste Modersohn-Becker mehrmals nach Paris, wo sie sich unter anderem mit dem Werk Paul Gauguins und Paul Cézannes beschäftigte. plus eine Kunstgeschichte von Max Deri Max Deri (eigtl. Max Deutsch; 1878 Bratislava, Tschechoslowakei, heute Tschechische Republik – 1938 Los Angeles) war ein Kunsthistoriker und Kritiker, der bei Adolph Goldschmidt promovierte und unter anderem für „Das junge Deutschland“, „Schaubühne“ und den „Sturm“ schrieb. 1931 erschien das kunsthistorische Überblickswerk „Die Stilarten der bildenden Kunst im Wandel von zwei Jahrtausenden“. . Damals, während der ersten Jahre nach dem Krieg, war „der Deri“ die Kunstgeschichte der „modernen Kunst“, eines der wichtigen Überblicksbücher. Darin habe ich zum ersten Mal Munch- und Picasso-Abbildungen gesehen und mich darüber mit meiner Mutter unterhalten, die sehr schöngeistig war und wunderbar Klavier spielte, während mein Vater ein fabelhafter Lehrer war und ein fabelhafter Oberstudiendirektor, wie es damals im Dritten Reich hieß.

Eine Cousine Ihrer Mutter, Agnes Niemeyer, war Malerin. Sie hatten Bilder von ihr zu Hause. Sind Ihnen bestimmte Bilder, Ihrer Großcousine oder aus Ausstellungen, nachhaltig in Erinnerung geblieben?

Ja, einige ganz bestimmt. Und zwar waren die meisten, die ich mir heute noch bildhaft vorstellen kann, Landschaften. Sie waren von einem sehr milden, harmonischen Expressionismus. Die waren schon wichtig für mich, hingen in den Wohnungen oder Häusern meiner Verwandten. Die hatten alle Bilder von Agnes Niemeyer, die leider sehr früh gestorben ist.

Ihre erste Ausstellung hatten Sie bereits mit 19 Jahren, in einem Kunstgewerbegeschäft in Lübbecke. Waren das auch Landschaftsaquarelle?

Ja, hauptsächlich, auch Köpfe.

Wie kam der Kontakt mit der Besitzerin des Ladens, Amalie Reinköster, zustande?

Meine Eltern bauten im Jahr 1935 ihr eigenes Haus und ich habe den Fortschritt des Bauens aufmerksam verfolgt. Ich war sieben Jahre alt, als das Bauen anfing. Der Architekt, Heinz Bünemann, der in Lübbecke geboren war und dort arbeitete, war in Stuttgart zur Akademie gegangen und hatte bei Paul Schmitthenner und Paul Bonatz studiert. Schmitthenner und Bonatz waren beide relativ berühmte Architekten in den mittleren und späten 30er-Jahren. Durch Heinz Bünemann habe ich vieles gesehen und gelesen. Einmal hat er mir mitten in der Nacht seinen neuen BWM-Sportwagen vorgeführt. Das war sehr eindrucksvoll. Das müsste so 1937 gewesen sein. Es gab also kulturelle Einflüsse, die rechtens und in Ordnung waren. Da lernte ich nicht nur auf Architektur, sondern auch auf Design und Möbel und Einrichtung zu achten. Außerdem war mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, der Gründer der Deutschen Akademie für Siedlung, Wohnung, Städtebau und Landesplanung. Das heißt, es gab viel Architektur und viele Gespräche über Architektur im Hause meiner Eltern. Das Haus meiner Eltern stand auf einem wunderschönen Grundstück mit einem sehr schönen Blick auf die Stadt Lübbecke, eine sehr alte Stadt, und auf die Norddeutsche Tiefebene. Mit meinem Bruder ging ich aufs Dach, von wo aus wir den Sonnenuntergang sehen konnten. Ich hatte das Gefühl, dass am Horizont die Nordsee war. Obwohl es von da bis zur Nordsee noch rund 30 Kilometer sind.

Über den Architekten kam der Kontakt zu dem Laden, der Ihre Aquarelle ausgestellt hat, also zustande?

Ja, dieser Architekt baute einen Laden für eine Dame, die meine Mutter wohl schon kannte. Das war ein fabelhafter Laden. Für die kleine Stadt Lübbecke war das außergewöhnlich. Sehr, sehr geschmackvoll, in einem damals modernen Sinne der Gestaltung. Dahin kamen nicht nur Lübbecker. Leute aus Bielefeld, aus Minden, aus Herford kauften, was sie in Bielefeld, Minden oder Herford nicht hatten.

Eine Malerin aus Krefeld hat Ihre Aquarelle dort gesehen?

Frau Englaender.

Und dadurch kam der Kontakt nach München zur Blocherer Schule?

Ja, Frau Englaender war eine, wie ich heutzutage weiß, typische Krefelderin. Ihr Mann war Seidenweber, wie so viele, die dann in Krefeld, in Wuppertal, wo viel Seidenweberei zu Hause war, Sammler wurden. Frau Englaender war eine kultivierte Frau mit einer Tochter namens Babs. Babs Englaender ging nach München, um zu studieren, und fiel in love mit ihrem Professor, Adolf Hartmann Adolf Hartmann (1900 München – 1972 München) war Maler in der Tradition der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus. 1934 wurde sein Werk von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert und Hartmann mit einem Ausstellungsverbot belegt. 1946 gehörte er zu den Mitbegründern der Künstlervereinigung Neue Gruppe in München, für die er die Reihe der „Großen Kunstausstellungen im Haus der Kunst München“ (1949–1962) leitete. Zwischen 1951 und 1963 war er Mitglied im Vorstand des Deutschen Künstlerbunds. Hartmann lehrte von 1949 bis 1962 als Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und war von 1962 bis 1970 Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Er war mit Babs (Barbara) Englaender verheiratet. – er war in München ein Heros der Kunstszene. Und Frau Englaender nahm eine Mappe mit meinen Aquarellen in ihrem Holzvergaser-Auto mit nach München, wo sie ihre Tochter besuchte. Sie zeigte ihr die Mappe und Babs zeigte sie Adolf Hartmann. Der Kommentar von Adolf Hartmann, der mir dann zitiert wurde, war: „Der junge Mann hat was los, hat sogar sehr viel los!“ Als Folge davon bin ich dann im nächsten Jahr Schüler der Blocherer Schule in München geworden. Und die Kunstschulen in München hatten einen guten Ruf. Nicht nur die Akademie, sondern auch die Kunstschulen waren typisch für München. Zum Beispiel hatte der heute berühmte Abstract Expressionist deutscher Herkunft Hans Hofmann ursprünglich auch solch eine eigene Schule in München, bevor er nach New York emigrierte. Hans Hofmann (1880 Weißenburg – 1966 New York) war ein Künstler und Wegbereiter des Abstrakten Expressionismus. 1915 eröffnete er in München-Schwabing die Hans Hofmann Schule für Bildende Kunst. 1932, kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten, die sein Werk als „entartet“ verfemten, ging er in die USA, wo er 1933 die Hans Hofmann School of Fine Arts in New York (1933–1956) gründete sowie 1935 eine Sommerschule in Provincetown, Massachusetts, die bis 1958 bestand. Das ist auch ein Teil der kulturellen Weltgeschichte, der wenig von den Kunstgeschichtslehrern weitergegeben wird.

Wie wurden Sie unterrichtet, was wurde Ihnen beigebracht?

Zum Kunstunterricht der fundamentalen Art gehörten Zeichnen, Aktzeichnen, Porträtzeichnen, und ich kam sofort, weil ich „so viel los hatte“, in die Malklasse. Die Malklasse in der Prinzenstraße 26 in Nymphenburg war eine Art „Graduate School“ der Blocherer Schule. Da habe ich bald gelernt, mit Farben und Pinsel umzugehen. Ein Jahr später habe ich mich bei der Akademie beworben, die dann wieder Schüler annahm. Das war ein großer Schritt. Mein Lehrer wurde Willi Geiger, Willi Geiger (1878 Schönbrunn – 1971 München) war ein Maler und Grafiker, der von 1902 bis 1905 bei Franz von Stuck und Peter Halm in München studierte. Von 1921 bis 1923 unterrichtete er an der Münchner Kunstgewerbeschule und wurde 1928 Professor an der Akademie für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo er wegen seiner oppositionellen Haltung zum nationalsozialistischen Regime 1933 entlassen wurde. Von 1946 bis 1951 war Geiger Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. der nicht übermäßig populär war, aber ein wahnsinnig interessanter Mann. Besonders für mich, einen Jungen von 19, 20 Jahren, der aus der westfälischen Provinz kam. Obwohl ich eine Menge interessanter Verwandte in Berlin hatte. München war damals noch ruinös, das waren Zustände, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Willi Geiger war ein sehr interessanter Maler mit einer engen Beziehung zur Literatur, das äußerte sich unter anderem auch in seiner Neigung zur Grafik und seinen vielen Radierungen. Willi Geiger war der Vater von Rupprecht Geiger, der zu der Zeit hauptsächlich noch als Architekt arbeitete. Ich fand mich in einem Dunstkreis von Kunst, nicht so sehr von Kunstschulen. Und ich hatte erste Erfahrungen im Lehren von Kunst: Ich unterrichtete eine Zeit lang an der Rabenbauer Schule für Gebrauchsgraphik.

Es heißt, Sie hätten Ihrem Vater versprochen, ein Lehramtsstudium abzuschließen …

Ja, das ist richtig! Um selbstständig sein zu können und nicht abhängig vom Verkauf. Mein Vater war ein umsichtiger Mann. Leider ist er bereits 1944 an einem Herzinfarkt gestorben. Er war Invalide des Ersten Weltkriegs mit schwerer Schulter- und Brustverletzung. Davon ist er nie gänzlich geheilt worden. Er war 56, als er plötzlich starb, damals war ich bei der Flak. Mein Bruder war drei Jahre älter und weit weg in Frankreich. Ich habe meinen Vater immer vermisst. Allerdings war meine Mutter umsichtig für zwei.

In Düsseldorf sind Sie später in die Lehramtsklasse von Paul Bindel gekommen.

Das genaue Gegenteil von Willi Geiger. Bindel war während des Zweiten Weltkriegs Chef einer Propagandakompanie … Wir Studenten hatten keine andere Wahl. Der einzige kritische Kommentar, den ich jemals von ihm empfangen habe, war: „Können Sie so wirklich zeichnen, wenn Sie das Blatt auf dem Schoß haben? Wollen Sie sich nicht an den Tisch setzen?“ – das war’s. Es hat wohl auch meine Neigung zur Philosophie und die Wichtigkeit des Philosophiestudiums für mich deutlich gemacht. Dann stellte sich heraus, zum Gesamtlehramtsstudium gehörte das Philosophikum. Das wurde dann bald sehr interessant. Ich hatte einen fabelhaften Lehrer, Bruno Liebrucks, Bruno Liebrucks (1911 Budupönen, Ostpreußen, heute Russland – 1986 Frankfurt am Main) war ein Philosoph, dessen Hauptwerk „Sprache und Bewusstsein“ zwischen 1964 und 1979 in sieben Bänden in Frankfurt am Main erschien. Von 1950 bis 1959 lehrte er an der Universität zu Köln. Ab 1959 bis zu seiner Emeritierung 1976 war er Ordinarius für Philosophie und zugleich Direktor des philosophischen Seminars an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. der später auch in Frankfurt quasi ein Nebenfluss der Frankfurter Schule wurde. Auch er kam als Kriegsblessierter aus dem Zweiten Weltkrieg. Er hatte nur noch einen Arm. Liebrucks war blitzgescheit, wie man es von einem Philosophieprofessor erwartete. Doch wie das an deutschen Universitäten üblich war, habe ich nicht viel mit ihm gesprochen beziehungsweise hat er nicht viel mit mir gesprochen. Als ich mich später zum Examen anmeldete, stellte sich heraus: Er wusste alles über mich. Liebrucks hat mir im Seminar einen der wichtigsten Sätze meines ganzen Studiums mitgegeben: „Wie kommt es denn, dass wir in einen Raum, zum Beispiel einen Konzertsaal oder ein Museum, gehen und verwandelt, erfrischt, erneuert wieder herauskommen? Wie kommt das?“ Eine Frage, die bisher noch niemand beantwortet hat. Ich auch nicht. Ich habe zum Beispiel am MIT, am Massachusetts Institute of Technology, eine Antwort gesucht. Bis heute hat die Frage niemand beantwortet, wahrscheinlich weil sie nicht zu beantworten ist. Liebrucks war in Köln. Dort gab es außer ihm noch einige andere gute Philosophielehrer, aber Liebrucks war der Beste.

Sie haben gerade in der Anfangszeit große Mühen auf sich genommen, um Ihr Studium zu bestreiten. Sie hatten bereits mit 19 Jahren ein Kind. Sie waren verheiratet und hatten wenig Geld. Von 1951 bis 1964 haben Sie an der Modeschule in Düsseldorf als Lehrer gearbeitet.

13 Jahre lang. Ich habe es nicht bereut. Vom Lehren habe ich sehr viel gelernt. Einige der damaligen Modeschülerinnen kommen noch heute zu meinen Eröffnungen, überall auf der Welt.

Können Sie beschreiben, was Sie angetrieben hat, Künstler zu werden?

Eigentlich die Lust, es zu machen. Die Zeichnungen, die Bilder! Meine Großmutter und meine Mutter hatten mir schon als Kind diesen Floh ins Ohr gesetzt.

Sie haben sich einmal bei einer bekannten Kölner Galerie beworben, allerdings ohne Erfolg.

Bei der Galerie Der Spiegel, bei Stünke. Hein Stünke (1913 Oberhausen – 1994 Fribourg, Schweiz) war ein deutscher Galerist, der gemeinsam mit seiner Frau Eva (1913–1988) ab 1945 die Galerie Der Spiegel in Köln-Deutz betrieb. Als eine der ersten Galerien in Deutschland verlegte Der Spiegel ab 1949 grafische Editionen, unter anderen von Max Ernst, Hans Hartung, Fritz Winter und Wols. Stünke leitete die Galerie bis zu seinem Tod im Jahr 1994 und gehörte 1967 zu den Mitbegründern des ersten Kölner Kunstmarkts.

Sind Sie damals mit einer Mappe zu ihm gegangen, oder wie muss man sich das vorstellen?

Ja, also irgendetwas in dieser Richtung müssen wir schon gemacht haben. Es tat uns später aber nicht leid, als wir erfahren haben, dass Stünke ein berufsmäßiger Hitlerjugendführer gewesen war. Er wurde nach dem Krieg, wie sich später herausstellte, denazifiziert und konnte keinen Beruf ausüben.

Im Dezember 1945 eröffnete die ehemalige Balletttänzerin Hella Nebelung in einem Trümmerhaus in Düsseldorf eine Galerie. Die Kunsthandlung von Hella Nebelung (1912 Beuthen, Oberschlesien, heute Polen – 1985 Düsseldorf) eröffnete 1945 als eine der ersten Galerien der Nachkriegszeit in einer Hausruine in der Düsseldorfer Hofgartenstraße 10. Dort wurden unter anderem Werke der Künstlergruppe Das Junge Rheinland, ab 1948 auch Werke von Hann Trier, Georg Meistermann, Willi Baumeister, Otto Mueller und Karl Hartung gezeigt. Die Galerie (ab 1955 im ehemaligen Wachhaus im Ratinger Tor) vertrat in den 1960er-Jahren unter anderen Jesús Rafael Soto und Julio Le Parc und nahm zwischen 1974 und 1984 an der Internationalen Kunst- und Informationsmesse (IKI) in Köln/Düsseldorf teil. Hans Salentin beschreibt, dass die Galerie für ihn, Sie und Mack eine wichtige Anlaufstelle war.

Ja, Hella Nebelung war die erste moderne Galerie in Düsseldorf, zwölf Jahre vor ZERO.

Sie führen ein persönliches Tagebuch mit Skizzen und Zeichnungen. Sehen Sie das auch als eine Art Dokumentation Ihres künstlerischen Werks?

Die Skizzenbücher sicher. Aber es ist nicht so, wie viele Leute Tagebuch führen, die darin ihre wichtigen Gedanken aufschreiben und der Nachwelt überliefern. Es ist eigentlich mehr die Lust am Zeichnen, die Lust an der Übung. Nulla dies sine linea. Ich zeichne, wenn ich Zeit habe, jeden Tag. Auf Reisen immer, einfach weil es mir Freude macht. Es ist auch Übung. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss dranbleiben. Es hat oft damit zu tun, wo ich bin. In Frankfurt habe ich nicht viel gezeichnet, obwohl ich in Frankfurt, wie ich jetzt mit Blick auf die Vergangenheit feststelle, sehr viel gemacht habe, Kunst und Performance. Otto Piene war 1960 erstmals in Frankfurt am Main in der Ausstellung „Neue deutsche Tendenzen“ im Foyer des Cantate-Saals (heute Volkstheater) vertreten. 1961 eröffnete die Galerie dato in Frankfurt mit Pienes Ausstellung „Sensibilité prussienne“ und der Aufführung eines Lichtballetts von Piene. 1966 wurde sein Theaterstück „Die Lichtauktion – oder New York ist dunkel“ auf der Frankfurter „Experimenta I“ aufgeführt und 1981 zeigte Piene eine Performance anlässlich der Eröffnung der Alten Oper.

Ich nehme an, in diesem Zusammenhang ist der Name Rochus Kowallek Rochus Kowallek (* 1926 Berlin) betrieb in Frankfurt am Main von 1961 bis 1962 die Galerie dato, im Anschluss bis 1964 die Galerie d. Als künstlerischer Direktor leitete er ab 1967 die neu eröffnete Galerie Ursula Lichter. Nach dem Austritt von Ursula Lichter 1972 führte Kowallek die Galerie bis zur Schließung 1973 eigenständig weiter. von Bedeutung? War er der Erste, der Sie nach Frankfurt eingeladen hat?

Das kann ich noch nicht einmal präzise beantworten. Jedenfalls haben wir viel zusammen gemacht, da ging es auch um die Gruppe ZERO. Das heißt, wir haben in seiner Galerie, die er mit William E. Simmat betrieben hat, Ausstellungen gehabt. Heinz Mack, ich und auch noch einige andere ZERO-Künstler. Es gab ein paar Personen, die in Frankfurt sehr wichtig waren, zum Beispiel einige Journalisten wie Peter Iden Peter Iden (* 1938 Meseritz, Posen, heute Polen) ist ein deutscher Kunst- und Theaterkritiker. Nach dem Studium der Philosophie, Geschichte und Theaterwissenschaften war er als Redakteur für die „Frankfurter Rundschau“ tätig. Von 1993 bis 2000 leitete er das Feuilleton der Zeitung. 1966 gehörte Iden zu den Mitbegründern des internationalen Theaterfestivals Experimenta in Frankfurt am Main, das er 1972 als Teil des Organisationskomitees in die „documenta 5“ einbrachte. Zwischen 1978 und 1987 leitete Iden als Gründungsdirektor den Aufbau des Museums für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main. Er setzte sich besonders für den Erwerb eines Teilkonvoluts der Sammlung Ströher ein, was im Jahr 1981 gelang und bis heute den Grundstock der Sammlung des MMK bildet. Als Professor lehrte Iden von 1982 bis 2006 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. , der damals Zeitungsschreiber war und ein sehr bedeutender Museumsmann wurde. Oder der Präsident der Salzburger Sommerakademie, Wieland Schmied, Wieland Schmied (1929 Frankfurt am Main – 2014 Vorchdorf, Österreich) war ein österreichischer Kunsthistoriker und Kurator, der von 1963 bis 1973 als Direktor die Kestnergesellschaft in Hannover und von 1978 bis 1986 den Deutschen Akademischen Austauschdienst in Berlin leitete. Von 1981 bis 1999 war Schmied Präsident der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg und lehrte von 1986 bis zu seiner Pensionierung 1994 als Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste in München. ein fabelhafter Schreiber, der Beste. Ein sehr bemerkenswerter Mann, er hat den besten Vortrag über ZERO gehalten, den ich jemals gehört habe. Damals war Schmied noch Zeitungsjournalist. Bazon Brock Bazon Brock (eigtl. Jürgen Johannes Hermann Brock; * 1936 Stolp, Pommern, heute Polen) ist ein Künstler, Kunsttheoretiker und Philosoph. Ab 1957 studierte er Germanistik, Politikwissenschaften und Philosophie an den Universitäten in Zürich, Hamburg und Frankfurt am Main. Parallel absolvierte er eine Dramaturgie-Ausbildung am Landestheater Darmstadt bei Claus Bremer und Gustav Rudolf Sellner. Ab 1959 nahm Brock regelmäßig an Fluxus-Aktionen teil, darunter am „Festival der Neuen Kunst“ 1964 in Aachen sowie am „24-Stunden-Happening“ 1965 in der Galerie Parnass in Wuppertal. 1968 initiierte Brock für die „documenta 4“ in Kassel die erste Besucherschule, die er bis 1992 begleitend zu den documenta-Ausstellungen fortführte. Als Professor lehrte Brock unter anderem an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (1965–1976) und der Bergischen Universität Wuppertal (1981–2001). 2011 gründete Brock in Berlin-Kreuzberg die „Denkerei mit dem Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand“. kannte ich auch. Er hat sich weniger als förderlicher Journalist denn als Bazon Brock profiliert. Ich kenne ihn noch heute, er hat sich kaum geändert. Er war auch mit Kowallek und so weiter befreundet.

1961 eröffnete Kowallek die Galerie dato in Frankfurt mit einer Ausstellung von Ihnen, „Sensibilité prussienne“, „Sensibilité prussienne“, Galerie dato, Frankfurt am Main, 14. April – 13. Mai 1961. und der Aufführung eines Lichtballetts. Wie war der Kontakt zu Rochus Kowallek?

Wir haben miteinander telefoniert und uns gegenseitig besucht.

Im Sommer 1963 fand die Ausstellung „Europäische Avantgarde“ in der Schwanenhalle des Römers in Frankfurt am Main mit 47 Künstlern aus 7 Ländern statt. Sie gilt als die erste Überblicksausstellung von ZERO und dessen Umfeld in Deutschland. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Heinz Mack und ich fuhren zur Hängung der Ausstellung hin. Und auch Rochus Kowallek und William Simmat waren da.

Welche Rolle spielten die unterschiedlichen Institutionen nach dem Zweiten Weltkrieg für Sie als Künstler? Ich denke da zum Beispiel an den Künstlerbund. Der Deutsche Künstlerbund wurde 1903 als erste überregionale Interessenvertretung der in Deutschland lebenden Künstler durch Lovis Corinth, Max Klinger, Max Liebermann und andere gegründet. Ziel war es, sich gemeinsam für die Freiheit der Kunst gegenüber der staatlichen Kulturpolitik zu positionieren sowie Gegenwartskunst zu fördern und auszustellen. Nach dem Verbot durch das NS-Regime 1936 wurde der Künstlerbund 1950 wiederbegründet und förderte in der Nachkriegszeit in den Jahresausstellungen vor allem die Kunst der Moderne. Siehe auch: „Deutscher Künstlerbund. Tradition und Zukunft“, unter: http://www.kuenstlerbund.de/deutsch/historie/deutscher-kuenstlerbund.de/deutscher-kuenstlerbund.html (eingesehen am 27.06.2017).

Der Künstlerbund ist eine Pflichtübung für jeden deutschen Künstler, es ist gut, da Mitglied zu sein. Die Geschichte des Deutschen Künstlerbunds ist interessant, das heißt besonders die ältere Geschichte.

Die „Winterausstellungen“, die in Düsseldorf stattfanden, waren vom Verein der Düsseldorfer Künstler Der 1844 gegründete Verein der Düsseldorfer Künstler zur Unterstützung und gegenseitigen Hilfe (VdDK) diente der Berufsvertretung der Düsseldorfer Künstler und organisierte in der Nachkriegszeit zwischen 1948 und 1970 jährlich in der Kunsthalle Düsseldorf/Museum Kunstpalast zunächst eine „Weihnachtsverkaufsausstellung“, später eine „Winterausstellung der Bildenden Künstler“. organisiert.

Das ist eine andere Gruppierung, das ist Düsseldorf. Ich hatte die Freude, dass bei meiner ersten oder zweiten Teilnahme an der „Winterausstellung“ ein großes Bild von mir, „Ein Gelb zu viel“, verkauft wurde. Das war zumindest ein Ego-Erfolg und Einkommen. Diese Befriedigung hatten nicht alle Künstler, insofern war auch die „Winterausstellung“ etwas Bedeutendes. Künstlerisch war es eigentlich irrelevant.

War das Ihr erster Verkauf?

In einer öffentlichen Ausstellung glaube ich schon. Da hingen ja ungefähr 1.000 Bilder.

1956 sind Sie der Gruppe 53 Die Gruppe 53 war ein von 1953 bis 1959 existierender Verband von Künstlern aus der Region um Düsseldorf, die sich zusammenschlossen, um gemeinsam Ausstellungen und andere Veranstaltungen zu organisieren. Die Mitglieder waren hauptsächlich Vertreter der zeitgenössischen abstrakten Kunst, wobei die geometrische Abstraktion in der Gruppe wenig Zuspruch fand. Zu den Mitgliedern gehörten unter anderen Peter Brüning, Winfred Gaul, Gerhard Hoehme, Horst Egon Kalinowski und Hans Salentin. Siehe auch Marie L. Otten (Hg.), „Auf dem Weg zur Avantgarde. Künstler der Gruppe 53“, Heidelberg 2003. beigetreten. Haben Sie damit bestimmte Ziele oder Hoffnungen verbunden?

Die Gruppe 53 war, was die Neue Gruppe Der Künstlerverband Neue Gruppe wurde 1946 unter anderen von Willi Baumeister, Max Beckmann, Karl Hofer und Karl Schmidt-Rottluff in München gegründet und zeigte im Sommer 1947 seine erste Ausstellung in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus. Die Vereinigung vertrat keine bestimmte Kunstrichtung, sondern sollte sparten- und stilübergreifend die Anliegen der Künstler etwa durch die Organisation von Ausstellungen oder die Nachwuchsförderung unterstützen. Siehe auch „Künstlerverband Neue Gruppe. 1. Ausstellung Juni – Juli 1947“, Ausst.-Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1947. in München war, eine vorsichtige Avantgarde. Zur Gruppe 53 gehörten die besseren Künstler, die intelligenteren Künstler, jedenfalls viele in Düsseldorf. Insofern war das etwas Gutes. Und ich habe auch heute noch Respekt vor einigen von ihnen. Gerhard Hoehme Gerhard Hoehme (1920 Greppin – 1989 Düsseldorf) war ein Vertreter der abstrakten Malerei und des Informel. Ab 1953 war er Mitglied der Gruppe 53 und gehörte zu den Hauptunterstützern der 1957 von Jean-Pierre Wilhelm und Manfred de la Motte gegründeten Galerie 22 in Düsseldorf-Pempelfort. Hoehme nahm 1959 an der „documenta 2“ teil und war 1960 Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Von 1960 bis 1985 war er Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. war dabei, Peter Brüning Peter Brüning (1929 Düsseldorf – 1970 Ratingen) war ein Künstler, der zu den zentralen Vertretern des deutschen Informel gezählt wird. 1953 trat er der Gruppe 53 bei. Von 1969 bis zu seinem Tod im Jahr 1970 war er Professor für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf.

Wurde man einfach aufgenommen oder hat die bestehende Gruppe einen auserwählt?

Man musste keine Aufnahmeprüfung machen.

Man konnte einfach beitreten?

Nein, nein. Man musste gewählt werden. Also so einfach war es nicht. Allerdings waren Heinz Mack und ich nur etwa zwei Jahre in der Gruppe 53. Dann haben wir schon ZERO gemacht, und das wiederum hing mit den „Abendausstellungen“ zusammen, die wir selbst initiiert haben und die im Wesentlichen in meinem Atelier in der Gladbacher Straße 69 in Düsseldorf 1955 bezog Otto Piene sein Atelier in der Gladbacher Straße 69 in Düsseldorf. stattfanden. Das war dann etwas Richtiges.

Wenn Sie aber über ZERO reden, betonen Sie immer, dass es kein Verein war, keine Statuten hatte …

… keine Satzungen, keinen Beitrag und so weiter.

Es gab auch keine echten oder unechten Mitglieder. Hatten Sie damals andere Künstlergruppen als Vorbild?

Ich bin durch den Krieg mit einem gesunden, kritischen Verständnis von Vereinen, Vereinigungen und Organisationen – man könnte fast sagen – „aufgewachsen“. Die bloße Existenz eines Vereins rechtfertigt gar nichts. In den „Abendausstellungen“ kamen Künstler vor, die ich kannte, einige kannte ich gut, einige, die vernünftigerweise auch mit einem Versprechen auf die Zukunft arbeiteten und redeten, das war wichtig und wurde immer wichtiger. Wir hatten auch Leute eingeladen, die nicht linientreu ZERO oder auch großenteils älter waren, wie Rupprecht Geiger. Andererseits Künstler, die woanders herkamen, zum Beispiel Franzosen. Oder Künstler, die eine andere Richtung vertraten, wenn man das so sagen darf, etwa Emil Schumacher Emil Schumacher (1912 Hagen – 1999 San José, Ibiza, Spanien) war ein Künstler und Vertreter des deutschen Informel. Von 1932 bis 1935 wurde er an der Kunstgewerbeschule Dortmund ausgebildet, während des Zweiten Weltkriegs war er als technischer Zeichner in einem Rüstungsbetrieb verpflichtet. Zusammen mit Thomas Grochowiak, Ernst Hermanns, Heinrich Siepmann und Hans Werdehausen gründete Schumacher 1947 die Künstlergruppe junger westen. Er war 1957 in der Eröffnungsausstellung der Galerie 22 in Düsseldorf vertreten und wurde 1958 in New York mit dem Guggenheim Award ausgezeichnet. Schumacher war auf der documenta 2 (1959), 3 (1964) und 6 (1977) vertreten und stellte bei der 29. Biennale von Venedig unter anderen zusammen mit Rolf Cavael, K.O. Götz und K.R.H. Sonderborg im Deutschen Pavillon aus. Von 1958 bis 1960 lehrte er als Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg sowie von 1966 bis 1977 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. . Die Künstler haben mitgemacht, einfach weil es interessant war und weil man andere Kollegen treffen konnte. Die „Abendausstellungen“ wurden ein ganz wichtiges Element der aufstrebenden Kultur der Künstler in Düsseldorf. Denn bis dahin hatte Düsseldorf in einem Tiefschlaf gelegen und zehrte von der tiefen Vergangenheit. Plötzlich wurde es wach, es wurde anders, es wurde besser, es wurde lebendig und eigen.

Es ist auffällig, dass im Frühjahr 1957 in der Düsseldorfer Kunstszene viel passierte: Die erste „Abendausstellung“ war am 1. April 1957 und bereits am 2. Mai 1957 eröffneten Jean-Pierre Wilhelm und Manfred de la Motte mit Unterstützung von Gerhard Hoehme die Galerie 22 Der Kunstkritiker Jean-Pierre Wilhelm (eigtl. Kurt Wilhelm; 1912 Düsseldorf – 1968 Düsseldorf) leitete von 1957 bis 1960 gemeinsam mit Manfred de la Motte (1935–2005) die Galerie 22 in Düsseldorf. . Wiederum drei Wochen später eröffnete Alfred Schmela seine Galerie. Alfred Schmela (1918 Dinslaken – 1980 Düsseldorf) eröffnete 1957 in der Hunsrückenstraße 16–18 in Düsseldorf eine Galerie. Sein Programm umfasste wesentliche Positionen der deutschen Nachkriegskunst, darunter Joseph Beuys, Gerhard Richter sowie Künstler aus dem Umfeld der ZERO-Bewegung.

Ein großes Frühlingserwachen. Wir waren zuerst da. Unter anderem, weil ich dieses Atelier hatte, das eigentlich eine Ruine war. Aber das war mit sehr viel Freiheit verbunden und insofern war es sehr sinnvoll, denn wir, Heinz Mack und ich hauptsächlich, konnten machen, was wir wollten. Niemand konnte uns vorschreiben, was wir machten. Der Spiritus in dieser ganzen Erfindung war wirklich positiv und lebendig. Das war schon sehr gut. In diesem Atelier haben dann bei Gelegenheiten auch Leute wie Jean Tinguely oder Yves Klein mitgemacht. Das war wichtig. Das heißt also, wenn die aus Paris zu Besuch kamen, weil sie bei Schmela ausstellten, wussten sie, wo man noch hinging. Wir haben uns dann alle angefreundet. Das ist der Grund, warum ich oft sage, ZERO ist aus Freundschaften entstanden, besonders natürlich zwischen Heinz Mack und mir. Heinz Mack war ja wirklich noch ein Knabe, während ich schon ein älterer Knabe war, nämlich drei Jahre älter.

Können Sie sich erklären, warum das alles im Frühjahr 57 begann?

Nach einigen Jahren der Vorbereitung, die mehr oder weniger ziellos war … Wir wussten, dass wir etwas Gutes machen wollten, und wussten, dass wir gute Künstler sein wollten. Mit den „Abendausstellungen“ war ein generelles Aussortieren unseres „Environments“ verbunden. Ich sehe das Ganze mehr als Sinn und Ziel und daraus wurde dann unter anderem der Wille oder die Idee, ein Magazin zu publizieren. Das kam nicht nur von den ZERO-Künstlern, sondern es kam jemand, der da sehr emsig war, Peter Brüning, ein informeller Maler, den ich sehr mochte. Der machte bis zu seinem Tod gute, interessante Dinge. Peters Vater war ein typischer gebildeter deutscher Buchhändler. Er unterstützte seinen Sohn darin, Dinge zu publizieren. Da haben wir also das erste „ZERO“ geboren – „ZERO 1“, das rote Anlässlich der „7. Abendausstellung“ mit dem Titel „Das rote Bild“ im Atelier von Heinz Mack und Otto Piene erschien am 24. April 1958 „ZERO 1“, die erste von drei selbst verlegten ZERO-Zeitschriften, die zwischen 1958 und 1961 herausgegeben wurden. Dem Thema der Ausstellung entsprechend enthielt „ZERO 1“ Beiträge zur Farbe. – und dazu diese Ausstellung gemacht mit Bildern, deren dominierende, definierende Farbe Rot ist. Das war eigentlich der Anfang von ZERO, das sich dann als solches identifizieren ließ.

Die Galerie 22 kümmerte sich hauptsächlich um informelle Malerei. Gingen Sie trotzdem zu den Ausstellungen?

Ja, ich war quasi befreundet – es war zumindest eine Art von Achtungsfreundschaft – mit Jean-Pierre Wilhelm, der auch ein sehr interessanter Mann war. Er brachte die, ich sage mal, homosexuelle Szene nach Düsseldorf. Er war ein Remigrant, der viele Jahre als Emigrant in Paris gelebt hatte und vieles wusste, wovon wir keine Ahnung hatten. Die ganze École de Paris Der Begriff „École de Paris“ umfasst die unterschiedlichen Strömungen der international einflussreichen Pariser Kunstszene zwischen der Jahrhundertwende und dem Zweiten Weltkrieg. Neben den französischen Künstlern Georges Braque, André Derain und Henri Matisse werden auch Hans Arp, Marc Chagall, Giorgio de Chirico, Max Ernst, Pablo Picasso, Joan Miró und Piet Mondrian zur damaligen Pariser Kunstszene gezählt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete sich die Nouvelle École de Paris, welcher vor allem Künstler der Lyrischen Abstraktion und des Tachismus zugeordnet werden. Zu den wichtigsten Vertretern dieser Generation gehören Jean Fautrier, Hans Hartung, Georges Mathieu, Jean Messagier, Serge Poliakoff, Pierre Soulages und Wols. und Dinge, die dadurch nach Düsseldorf gebracht wurden. Wir, in dem Fall wieder Heinz Mack und ich, wurden uns dessen zu der Zeit bewusst. Das war interessant. Das war dann nicht nur Yves Klein, das waren auch die Informellen aus Paris. Die waren auch interessant. Einige sahen wir mit großem Respekt, wie Jean Fautrier, der in vieler Hinsicht ein wirklich guter Künstler war. Da eröffneten sich Dinge, die zunehmend wichtig wurden. Und dann kam Schmela. Schmela eröffnete seine Galerie mit einer Yves-Klein-Ausstellung, und das kam so: Schmela wollte als Einführungs-, Eröffnungsausstellung eine Antoni-Tàpies-Ausstellung machen, aber er hatte das Geld nicht und bekam es auch nicht, um die Tàpies-Bilder zu kaufen. Schmela war unter anderem mit Norbert Kricke Norbert Kricke (1922 Düsseldorf – 1984 Düsseldorf) wurde in den 1950er-Jahren mit abstrakten Stahlplastiken bekannt, die häufig für öffentliche Plätze oder als Kunst am Bau konzipiert wurden. Er lehrte von 1964 bis 1984 an der Kunstakademie Düsseldorf und war zwischen 1972 und 1981 Rektor der Akademie. Kricke gehörte ab Ende der 1960er-Jahre, während des sogenannten „Akademiestreits“, zu den Wortführern der Beuys-Opposition. befreundet, mit dem ich zu der Zeit quasi eine Freund-Feindschaft pflegte. Später fand ich Kricke immer besser. Und Kricke sagte: „Ja, stell Yves Klein aus!“ Weil er sich in Paris sehr gut auskannte, gehörte Kricke zu den wenigen Leuten, die wirklich das Gefühl dafür hatten, wer Yves Klein war und dass das sehr wichtig war. Also machte Schmela seine Eröffnungsausstellung mit Yves Klein. Bei der Eröffnung waren Yves und auch Tinguely anwesend und bei der Gelegenheit habe ich sie auch zum ersten Mal getroffen. Yves hat mich und einige andere sofort eingeladen: „Wenn ihr nach Paris kommt, dann besucht mich bitte!“ Daraus wurde dann, jedenfalls in meinem Fall, eine regelrechte Freundschaft. Yves kam zu mir, wenn er nach Düsseldorf kam, wie er oft zu vielen anderen kam. Und ich besuchte ihn, zuweilen auch mit Heinz Mack zusammen. Dadurch wussten wir immer besser Bescheid, was in Paris geschah. Parallel dazu lernte Yves Werner Ruhnau Werner Ruhnau (1922 Königsberg, Ostpreußen, heute Russland – 2015 Essen) war ein Architekt, der für seine Theaterbauten und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern bekannt ist. 1956 gründete er ein eigenes Büro in Gelsenkirchen, wo 1959 das von Ruhnau entworfene Musiktheater im Revier eröffnet wurde. Er entwickelte eine „Spielstraße“ für das Kunstprogramm der Olympiade in München 1972 und war 1978 für die Umbauten des Schauspielhauses in Frankfurt am Main verantwortlich. Von 1965 bis 1967 war Ruhnau Professor an der Universität Laval in Québec und der École d’Architecture in Montréal, 1971/72 lehrte er als Professor am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Köln. kennen. Im neuen Theater in Gelsenkirchen entstand dann eine Arbeit von Yves. Zwischen 1957 und 1960 arbeitete Yves Klein (1928 Nizza – 1962 Paris) an eigens für den Neubau des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen entwickelten Werken, die er zusammen mit dem Architekten Werner Ruhnau umsetzte. Neben den zwei realisierten großformatigen Schwammreliefs und zwei blauen monochromen Gemälden für das Foyer arbeiteten sie unter anderem auch an dem „Manifest zur allgemeinen Entwicklung der heutigen Kunst zur Immaterialisierung (nicht Dematerialisation)“ (1958/59) und experimentierten mit einer nach Ideen von Yves Klein entstandenen Architektur aus Luftströmen für den Theatervorplatz, die jedoch nicht umgesetzt wurde. Vgl. Heiner Stachelhaus (Hg.), „Yves Klein/Werner Ruhnau. Dokumentation der Zusammenarbeit in den Jahren 1957–1960“, Recklinghausen 1976. Da war plötzlich Architektur der Maßstab.

Ihre erste Einzelausstellung fand im Mai 1959 in der Galerie Schmela statt. „Ölbilder, Lichtballett, Lichtmodelle“, Galerie Schmela, Düsseldorf, eröffnet am 6. Mai 1959. Wie kam es dazu?

Schmela war ein Freund. Von der Kunstakademie Düsseldorf bis zum Szenenwechsel in den USA.

Wie waren die Resonanzen auf Ihre Ausstellung bei Schmela?

Gemischt. Hervorragend seitens einiger Künstler wie Yves, hasserfühlt seitens mancher Presseleute, besonders von Herrn Ruhrberg. Karl Ruhrberg (1924 Elberfeld – 2006 Oberstdorf) war ein Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher. Als Gründungsdirektor leitete er von 1965 bis 1972 die Kunsthalle Düsseldorf. Dort organisierte er unter anderem frühe Überblicksausstellungen zum Werk von Bernd und Hilla Becher (1969), Edward Kienholz (1970) und Claes Oldenburg (1971). Zusammen mit Wieland Schmied sollte er die künstlerische Leitung der „documenta 6“ übernehmen, beide Ausstellungsmacher traten jedoch 1974 nach anhaltenden Konflikten von ihrem Amt zurück. 1978 bis 1984 war Ruhrberg Direktor des Museums Ludwig in Köln. Nach seinem Rücktritt war er für die Stadt Köln beratend tätig.

Hatten Sie je eine feste Galerievertretung?

Ja, bei Schmela, bei Howard Wise, bei David Leiber in der Gallery Sperone Westwater; zeitweise bei der Galerie dato von Rochus Kowallek. Bei der Galerie Rottloff in Karlsruhe und bei Ad Libitum in Antwerpen.

1959 kam K.O. Götz K.O. Götz (eigtl. Karl Otto Götz; * 1914 Aachen – 2017 Niederbreitbach) war ein deutscher Künstler, der als wichtiger Vertreter der Malerei des Informel gilt. Ab 1952 gehörte er gemeinsam mit Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze zu der Gruppe der deutschen informellen Maler Quadriga und nahm an der „documenta 2“ (1959) sowie den Biennalen von Venedig 1958 und 1968 teil. Von 1959 bis 1979 war Götz Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Zu seinen Schülern gehörten unter anderen Sigmar Polke, Gerhard Richter und Franz Erhard Walther. als Professor nach Düsseldorf. Er hatte neben anderen auch Gotthard Graubner und Gerhard Richter als Schüler. Hatten Sie auch Kontakt mit diesen Künstlern?

Als Gerhard Richter und Sigmar Polke ihren Abschluss an der Akademie in Düsseldorf machten, kamen sie zu mir: Ob ich nicht im Rahmen der „Abendausstellung“ eine Ausstellung von ihnen machen könnte. Da habe ich gesagt, obwohl ich einen sehr freundlichen Umgang mit ihnen hatte: „Es tut mir leid, das ist nicht meine Auffassung von Kunst und was heutzutage nötig ist, darum mache ich die Ausstellung nicht.“ Was sie dann als Gegeninitiative entwickelt haben, weiß ich nicht mehr genau, aber daraus wurde eben mehr und mehr Richter, Polke, Lueg. Wir waren aber immer respektvoll zueinander und haben nichts Hässliches übereinander gesagt. Bei Polke stellte sich heraus, dass sein Atelier in der Hüttenstraße nahe bei meinem lag – das war das Atelier nach der Gladbacher Straße. Da schlug Konrad Lueg mir vor, wir sollten Bilder tauschen, Polke und ich. Das haben wir aus irgendeinem Grunde nicht gemacht, aber das bezeugt, dass ein kollegiales, freundschaftliches Verhältnis bestand.

Kannten Sie die Arbeiten von den Studenten der Akademie?

Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie zu mir ins Atelier kamen und sagten: „Wir wollen das und das“, kannte ich sie nicht wirklich.

Kannten Sie K.O. Götz?

Götz kannte ich. Ihn lernte ich besonders gut kennen, als er zu mir kam und sagte: „Wir protestieren gegen die einseitige Ausrichtung der documenta. Es sind keine deutschen Künstler dabei, es muss verhindert werden, dass ein Klub daraus wird, erstens von Nicht-Deutschen und zweitens von Leuten, die uns weiter nichts angehen.“ Ich kannte Karl Otto Götz nicht besonders gut, aber wir waren uns darin einig, dass das ein Missstand war, und haben dann diesen Protest der deutschen Künstler organisiert. Am 23. Februar verfassten unter anderen Peter Brüning, Karl Fred Dahmen, Winfred Gaul, K.O. Götz, Heinz Mack und Otto Piene das sogenannte „Düsseldorfer Manifest“, in dem sie die Ausrichtung der „documenta 3“ kritisierten. Dem Schreiben folgte eine öffentliche Fernsehdebatte. Aufgrund der Proteste gewährte das documenta-Team um Arnold Bode den ZERO-Künstlern schließlich kurzfristig die Teilnahme. Im Dachgeschoss des Fridericianums zeigten Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker daraufhin die Gemeinschaftsarbeit „Hommage à Fontana“. Siehe auch: Ulrike Schmitt, „Zero ist gut für Dich“, in: „Zero ist gut für Dich“, Reihe „sediment. Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels“, Nr. 10, 2006, S. 9–33, hier S. 25 f. Götz und ich. Das Ergebnis war, dass ein Symposium stattfand, dort war ich anscheinend der Gesprächstüchtigste und habe diesen unseren Fall sehr lebhaft und sehr temperamentvoll dargestellt. Ich bin dann im Auto nach Düsseldorf zurückgesaust und war kaum da, als das Telefon klingelte: „Hier ist Herr von Buttlar.“ Das war also der Dr. Herbert Freiherr von Buttlar, Herbert von Buttlar (1912 Stendal – 1976 Arlesheim, Schweiz) war ein Archäologe, der 1955 als Generalsekretär an der Entwicklung der ersten documenta in Kassel mitwirkte. Von 1964 bis 1973 führte er als Direktor die Hochschule für bildende Künste Hamburg. der Chef der documenta, und der sagte: „In der documenta richten wir jetzt als Reaktion auf die Proteste eine Abteilung ein, die es bisher nicht gab, nämlich ‚Kinetik und Licht‘.“

Sie haben einmal geschrieben, dass Berlin noch abgeschnittener war als Westdeutschland. Bekamen Sie trotzdem mit, was in Berlin passierte?

Ja, durch Günter Meisner, einen Freund aus Düsseldorf, der nach Berlin gezogen war, und durch die Galerie Diogenes.

Im März 1963 fand in der Galerie Diogenes die erste ZERO-Ausstellung in Berlin statt. Wie kam es zu dem Kontakt?

Das geschah auch durch Günter Meisner, der übrigens ein bedeutender Schauspieler in Berlin war.

Sie beschäftigten sich auch mit der Frage, wie man Kunst ausstellen sollte. 1965 wollten Sie zum Beispiel für die Ausstellung „Nul“ im Stedelijk Museum „Nul. Negentienhonderd vijf en zestig“, Stedelijk Museum, Amsterdam, 15. April – 07. Juni 1965. in Amsterdam das Museum durch den Einsatz von Technik in eine Art Erfahrungsfeld der Sinne verwandeln. Sie schrieben 1960 über die Institution Museum: Es solle ein Schwimmbad und Übernachtungsmöglichkeiten haben, damit man ungehindert vor Bildern schlafen und aufwachen könne. Erst dann wäre der Besucher nicht mehr getrieben. Erst dann habe er eine Ahnung, dass die Qual der Kunst ein Ende hat. Wie war Ihre Zusammenarbeit mit den Kuratoren?

Die Besten wie Wieland Schmied oder Lawrence Alloway waren hervorragend.

Wie war zum Beispiel die Zusammenarbeit für die ab Januar 1963 stattfindende Ausstellung im Haus Lange in Krefeld „Mack, Piene, Uecker“, Museum Haus Lange, Krefeld, 19. Januar – 17. März 1963. , die erste Ausstellung von ZERO in einem deutschen Museum?

Die Zusammenarbeit mit dem Haus Lange war hervorragend.

Spielten die Galeristen damals eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Kunst in Deutschland?

Ja, zum Beispiel die Galerie Schmela in Düsseldorf, dato und Kowallek in Frankfurt, Müller in Stuttgart, Heseler in München und so weiter.

Wann hatten Sie das Gefühl, Sie haben Erfolg, der Durchbruch ist geschafft?

Ab meiner Ausstellung in der Howard Wise Gallery 1965. „Piene. Light Ballet“, Howard Wise Gallery, New York, 04.–20. November 1965.

1964 organisierten Sie die erste Ausstellung der ZERO-Gruppe in der Howard Wise Gallery in New York und kurz darauf in Philadelphia. Im selben Jahr wurden Sie Visiting Professor an der University of Pennsylvania. Wie kam der Kontakt in die USA zustande?

Anlässlich der Geburt seiner jüngsten Tochter rief mich Howard Wise, inspiriert von seinem Berater Douglas MacAgy, aus New York an. In der Ausstellung des Institute of Contemporary Art (ICA) der University of Pennsylvania sprach ich mit Howard dann über weitere Ausstellungen in den USA.

1965 siedelten Sie in die USA über, haben aber immer ein Atelier in Düsseldorf behalten. 1968 wurden Sie als erster Nicht-Amerikaner Fellow am Center for Advanced Visual Studies (CAVS) am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Wie haben Sie aus der Ferne die Entwicklungen in der Kunstwelt in Deutschland wahrgenommen?

Seit 1968 war ich als Fellow am MIT, dann wurde ich Professor, dann Direktor des CAVS/MIT. Ans MIT habe ich auch deutsche Fellows eingeladen; ich war immer über die Kunst in Deutschland gut informiert, auch durch meine Teilnahme und die Teilnahme meines Instituts an der documenta.

1981 haben Sie an der Ausstellung „Westkunst“ „Westkunst. Zeitgenössische Kunst seit 1939“, Rheinhallen, Köln, 30. Mai – 16. August 1981. in Köln teilgenommen. Haben Sie Erinnerungen an diese Ausstellung?

Ja. Es war eine sehr gute Ausstellung mit einigen Lücken.

Was war wichtig, damit man als deutscher Künstler in Amerika Aufmerksamkeit bekam?

Gute deutsche Künstler waren wichtig.

Welche Rolle spielte die deutsche Vergangenheit für die Entwicklung des deutschen Kunstmarkts in den 1960er- und 70er-Jahren?

Der Anfang war sehr schwer und von Vorurteilen belastet, die natürlich aus der miserablen deutschen Geschichte des Drittens Reichs und danach stammen – die Vorurteile waren größtenteils berechtigt, zuweilen aber auch gedankenlos.

Ich habe gelesen, Sie hätten den Deutschen Pavillon auf der Biennale von Venedig 1967 und 1971 gestaltet, da gab es aber gar keine Biennale.

Das war nicht in Venedig, das war in São Paulo. Otto Piene war 1985 auf der „18. Biennale von São Paulo“ vertreten, die vom 04. Oktober bis 16. Dezember stattfand. 1967 gestaltete er auf der „Expo ’67“ in Montreal den Deutschen Pavillon. Ich war auf der Biennale in Venedig nur bei zwei oder drei Themenausstellungen vertreten. Das waren eine Grafik-Ausstellung und ich glaube eine Kinetik-Ausstellung. 1971 und 1972 nahm Otto Piene an der Grafik-Biennale in Venedig teil. Bei dem nationalen Pavillon war ich nie dabei. Dazu bin ich nie eingeladen worden. Ich habe sogar einmal dagegen protestiert, dass ich nicht eingeladen war, während Mack und Uecker und Georg Karl Pfahler die deutsche Beteiligung darstellten. Auf der „35. Biennale von Venedig“ 1970 waren im Deutschen Pavillon unter der Leitung von Dieter Honisch Werke von Thomas Lenk, Heinz Mack, Georg Karl Pfahler und Günther Uecker ausgestellt. Das verstehe ich auch heute noch nicht und damals verstand ich es noch weniger. Bei dieser Art von nationaler Biennale mit einem nationalen Kommissar war ich nie vertreten. Das ist hier also quasi eine Richtigstellung.

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Otto Piene