Wenn ich an die 30er-Jahre, als ich geboren wurde, an die ersten Jahre meiner Kindheit denke, kann ich mich nur an Sonne erinnern. Meer, Sonne, Singen und Fröhlichkeit. Mit dem Krieg kamen Düsternis,
Bomben und Fliegeralarm. Pausenlos waren wir im Keller, es gab Luftangriffe und tote Verwandte. Und – das ist der Bruch in der Kunstgeschichte – die Künstler, die in den Krieg mussten. Die sind anders als die, die nicht mehr mussten. Das ist manchmal nur ein Altersunterschied von fünf Jahren, aber es ist eine völlig andere Ausgangssituation. Joseph Beuys hat Flugzeuge geflogen und Bomben abgeworfen,
Joseph Beuys (1921 Krefeld – 1986 Düsseldorf) wurde ab 1940 in Posen zum Bordfunker ausgebildet. Zwischen 1941 und 1943 folgte unter anderem eine Weiterbildung zum Fliegerschützen in Foggia. Ab Dezember 1943 diente Beuys auf der Krim im Süden Russlands, wo er dem Sturzkampfpiloten Hans Laurinck zugeteilt war. 1961 konstatierte Beuys: „[D]er allgemeine Ausdruck Sturzkampfflieger [ist] angebracht, da ich alle Sparten der Waffengattung durchgemacht habe; Funker ist falsch.“ Zit. n. Heiner Stachelhaus, „Joseph Beuys“, Düsseldorf 1988, S. 24. Zu den unterschiedlichen Darstellungen der Kriegseinsätze in der Beuys-Literatur siehe: Hans-Peter Riegel, „Beuys. Die Biographie“, Berlin 2013, S. 47 ff.; Götz Adriani/Winfried Konnertz/Karin Thomas, „Joseph Beuys. Leben und Werk“, Köln 1986 (3. Auflage), S. 22 f., und Stachelhaus 1988 (wie oben), S. 21 ff. Otto Piene war Flakhelfer,
Otto Piene (1928 Laasphe – 2014 Berlin) war ein deutscher Künstler und Mitbegründer der ZERO-Bewegung. Von 1943 bis 1945 war er Flakhelfer der deutschen Wehrmacht. Vgl. Heinz-Norbert Jocks/Otto Piene, „Otto Piene. Das Gold namens Licht“, in: Heinz-Norbert Jocks (Hg.), „Das Ohr am Tatort. Heinz-Norbert Jocks im Gespräch mit Gotthard Graubner, Heinz Mack, Roman Opałka, Otto Piene, Günther Uecker“, Ostfildern 2009, S. 91–116, hier S. 92. Karlheinz Stockhausen hat Verwundete rausgetragen
Karlheinz Stockhausen (1928 Mödrath – 2007 Kürten) war ein deutscher Komponist und Musiktheoretiker, der mit seiner seriellen Kompositionstechnik sowie dem Einbezug elektronisch erzeugter Klänge wesentlich zur Entwicklung der Musik im 20. Jahrhundert beitrug. Als künstlerischer Leiter arbeitete er von 1963 bis 1977 im Studio für Elektronische Musik des Westdeutschen Rundfunks in Köln und gab parallel Seminare bei den Darmstädter Ferienkursen. Stockhausens kompositorischer Ansatz zeichnete sich durch eine innovative Verbindung von Musik, Raum und Live-Elementen aus. Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Kontra-Punkte“ (1953), „Gesang der Jünglinge“ (1956) sowie „Elektronische Studien I und II“ (1964). Von 1967 bis 1973 lebte Stockhausen mit Mary Bauermeister in einer Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen. Er war während des Zweiten Weltkriegs (ab Herbst 1944) Krankenträger im Notlazarett Schloss Bedburg. Vgl. Mary Bauermeister, „Ich hänge im Triolengitter. Mein Leben mit Karlheinz Stockhausen“, München 2011, S. 43. . Diese Schicksale, die die einzelnen Künstler, egal welcher Sparte, persönlich erlebten, prägten die Kunst in der Nachkriegszeit.