Café Deutschland

Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD

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Lawrence Weiner

Lawrence Weiner

Lawrence  Weiner
Foto © Lawrence Weiner/Artists Rights Society (ARS), New York

Lawrence Weiner

New York, 26. Mai 2016

Lawrence Weiner: Gerhard Richter war gerade in New York. Er hatte eine große Schau bei Marian Goodman. Ich habe mit Gerhard früher in Deutschland ausgestellt.

Franziska Leuthäußer: Ich habe ihn getroffen. Für mich war es eine sehr besondere Begegnung. Obwohl seine Antworten auf meine Fragen manchmal etwas knapp ausfielen.

Vielleicht waren die Zeiten so. Wenn Sie mich fragen: Ich denke, einige der „wichtigsten“ Dinge hatten nur eine Dauer von einer Stunde.

Sie waren in der deutschen Kunstszene der 1960er- und 70er-Jahre sehr präsent, Sie kannten die Leute, Sie haben an den großen Gruppenausstellungen teilgenommen und Sie haben sogar eine Zeit im Rheinland verbracht. Sie haben es aber auch wieder verlassen und konnten das Ganze aus der Distanz beobachten. Sie hatten gewissermaßen einen anderen Standpunkt.

Ich bin kein falscher Rheinländer geworden. Ich bin der geblieben, der ich war.

Warum sind Sie damals nach Deutschland gegangen?

Ich war 1963 das erste Mal in Europa, aber Deutschland war damals nicht interessant. In München hing ein trauriger Rest der Emigrierten rum, „remittance people“. Ich war politisch engagiert und hatte weder Zeit noch Geld, um rumzuhängen.

Ihre Ausbildung war kurz … 1958 begann Lawrence Weiner ein Studium der Philosophie und Literatur am Hunter College in New York, das er jedoch nie zu Ende führte.

Ich mag Kunsthochschulen nicht. Ich glaube nicht daran. Meine Ausbildung war nicht besonders kurz, aber auch nicht besonders lang. Ich habe mich entschieden, keinen Abschluss zu machen. Ich hatte damals schon in New York ausgestellt und wollte weg von alldem. Also bin ich nach Kalifornien gefahren …

In einem Interview sagten Sie, den Roadtrip nach Kalifornien hätten Sie als „Beatnik“ Der Begriff Beatnik bezeichnet Anhänger der „Beat Generation“. Als literarische und musikalische Subkultur entwickelte sich diese ab Ende der 1940er-Jahre an der Westküste der USA. Zu den bekanntesten Autoren der Bewegung zählen Allen Ginsberg und William S. Burroughs. Sie bildete einen wesentlichen Ausgangspunkt für die spätere Entstehung der Hippie-Bewegung. Siehe auch: Kostas Myrsiades (Hg.), „The Beat Generation. Critical Essays“, New York 2002. unternommen.

Es war das, wozu ich mich entschieden hatte. Das existiert alles nicht mehr, es war eine andere Zeit. Ich fuhr nach North Beach. Dort kannte ich niemanden, aber alle waren mir gegenüber sehr offen.

Warum war der Trip für Sie damals wichtig?

Um dem Einfluss einer sehr altmodischen New Yorker Kunstwelt zu entkommen. Außerdem wurde ich von sehr einflussreichen Leuten in New York akzeptiert, und ich mochte sie – das reichte von Willem de Kooning bis zu John Chamberlain. Ich musste irgendwohin, um herauszufinden, ob das, was ich tat, außerhalb dieses beschützten Raums Sinn machte. Es war keine finanzielle, sondern eine intellektuelle Absicherung. Die älteren Künstler fürchteten die jungen damals nicht, weil es keine Akademie gab. Die hatten das Problem mit den Kindern aus gutbürgerlichen Haushalten nicht. Das war eine Mischung, einige bürgerlich, einige arm, einige reich, aber sie haben sich alle für Kunst interessiert. Als es die ersten Akademien gab, haben sie bis auf die bürgerlichen Kinder alle ausgeschlossen. Von den bürgerlichen Kindern sind nur zehn Prozent schlau, nur zehn Prozent der Reichen sind schlau, und nur zehn Prozent der Armen sind schlau. Zehn Prozent sind nicht genug, wenn du dreißig Prozent gewohnt bist. Verstehen Sie? Ich wollte also sehen, wie das für mich funktioniert.

War das auch einer der Gründe, warum Sie nach Europa gegangen sind? Oder wie kam es dazu?

Ich war eingeladen, in Belgien eine Ausstellung zu machen. Das war vor der Ausstellung „Op Losse Schroeven“ „Op Losse Schroeven. Situaties en cryptostructuren“, Stedelijk Museum, Amsterdam, 15. März – 27. April 1969. Die Ausstellung wurde im Anschluss unter dem Titel „Verborgene Strukturen“ im Museum Folkwang in Essen gezeigt. (Square Pegs in Round Holes) in Amsterdam. In Antwerpen wurde ich von dem zuständigen Kurator der Ausstellung „Op Losse Schroeven“ eingeladen. Ich habe keine Ahnung, woher die Leute damals meine Arbeiten kannten, aber sie wussten, was ich machte. Sie haben mich gefunden und eingeladen. Als ich auf dem Weg in die Schweiz zu der Ausstellung „When Attitudes Become Form“ „Live in Your Head. When Attitudes Become Form“, Kunsthalle Bern, 22. März – 27. April 1969. Die von Harald Szeemann kuratierte Ausstellung vereinte erstmals eine Anzahl internationaler künstlerischer Positionen, deren Werke sich durch Prozesshaftigkeit, materielle Transformationen und den Bezug zu situativen Kontexten auszeichneten. Die Präsentation gilt als wegweisende Verortung eines erweiterten Kunstbegriffs, wie er zu diesem Zeitpunkt insbesondere in der Arte povera, der Minimal Art, der Konzeptkunst und der Land-Art verhandelt wurde. An der Ausstellung waren unter anderen Carl Andre, Giovanni Anselmo, Joseph Beuys, Michael Buthe, Hanne Darboven, Walter De Maria, Jan Dibbets, Hans Haacke, Eva Hesse, Yves Klein, Jannis Kounellis, Mario Merz, Robert Morris, Bruce Nauman, Reiner Ruthenbeck, Franz Erhard Walther und Lawrence Weiner beteiligt. war …

Das war 1969 …

Ich sprach in der Cafeteria gerade mit Michael Heizer, als jemand zu mir kam und sagte: „Hello, hello!“ Er konnte nicht viel Englisch, aber etwas. „Wollen Sie mit mir eine Ausstellung machen?“ Ich fragte: „Wer sind Sie?“ Und er sagte: „Konrad Fischer.“ Konrad Fischer (1939 Düsseldorf – 1996 Düsseldorf) war ein deutscher Künstler und Galerist. In seiner 1967 in der Düsseldorfer Altstadt eröffneten Galerie stellte er frühe Vertreter des Minimal Art und der Konzeptkunst vor, darunter Carl Andre, Hanne Darboven, Bruce Nauman und Lawrence Weiner. Als „Konrad Lueg“ war Fischer vor Gründung seiner Galerie als Künstler tätig und stellte mehrfach unter anderen mit Gerhard Richter aus. Ich sagte Ja. „Okay, nach der Ausstellung in Bern kommen Sie, und dann bauen wir bei mir auf.“ Ich kannte eine Menge Leute. Ich erinnere mich, dass Paul Maenz Paul Maenz (* 1939 Gelsenkirchen) ist ein deutscher Galerist und Kunstsammler. Er studierte ab 1959 Grafikdesign bei Max Burchartz an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen und war ab 1964 als Art Director in der Werbeagentur Young & Rubicam (Y&R) in Frankfurt am Main und New York tätig. Zusammen mit Peter Roehr organisierte er 1967 die Ausstellungen „Serielle Formationen“(Studiogalerie im Studentenhaus der Goethe-Universität, Frankfurt am Main) und „Dies alles, Herzchen, wird einmal dir gehören“ (Galerie Dorothea Loehr, Frankfurt am Main). 1971 eröffnete Maenz eine Galerie in Köln. Sein Programm umfasste wichtige Positionen der Minimal Art und Konzeptkunst, darunter Hans Haacke und Joseph Kosuth, sowie Künstler der Mülheimer Freiheit und der Transavanguardia. Lawrence Weiner war im Oktober 1983 in der Ausstellung „Master Works of Conceptual Art“ in der Galerie Paul Maenz in Köln vertreten. zu der Ausstellung „Op Losse Schroeven“ kam, auch Fischer und Anny de Decker, bei der ich nach Konrad ausstellte. „Lawrence Weiner“, Ausstellungen bei Konrad Fischer, Düsseldorf, 1969; „Lawrence Weiner“, Wide White Space, Antwerpen, 1969. Es waren andere Zeiten. Als ich das erste Mal nach Düsseldorf kam, war ich überrascht. New York war immer sehr offen für Leute, die von außen kamen. Da gab es keine Abschottung, damals nicht. Bis der Kunstmarkt entstand, wie wir ihn heute kennen. Ich kannte Blinky Palermo und ich kannte Leute, die aus dem Rheinland nach New York gekommen waren. Es war die Großzügigkeit der Künstler in Düsseldorf, die es möglich machte, dass diese ganze Szene sich entwickeln konnte.

Was meinen Sie mit „Großzügigkeit“?

Sie haben die Künstler aufgenommen – von Robert Smithson bis Carl Andre, Sol LeWitt, meine Wenigkeit und Bruce Nauman. Wir mischten uns unter die Leute, hatten Kontakt zu Hanne Darboven und einigen anderen. Sie empfingen uns, anstatt uns zurückzuweisen. Sie haben uns das zeigen lassen, was wir gemacht haben. Wir konnten aufstehen und singen, und möglicherweise war das Lied, das wir sangen, das, womit sie alle übereinstimmten. Sie haben nicht die gleichen Lieder gesungen, aber wir waren alle auf der gleichen Seite der Barrikade. Sie waren sehr offen. Sie haben uns bei Ausstellungen unterstützt. Keiner hatte Geld, aber irgendwie hat alles funktioniert. Die Einzigen, die ein wenig Geld hatten, waren Professoren wie Beuys und Richter.

Wann haben Sie das erste Mal von Beuys gehört?

Ich kannte seine Arbeit. Ich weiß nicht, wie alle über alles Bescheid wussten, aber alle wussten Bescheid. Das gehört zu den positivsten Seiten der Geschichte. Wie um alles in der Welt wusste Daniel Buren, was ich machte? Und wie wusste ich, was Daniel gemacht hatte, obwohl ich 1963, als ich das erste Mal in Europa war, nicht in Paris war? Wie wussten sie alle davon? Woher wusste ich, was ich wusste? Jemand, den ich nie zuvor getroffen hatte, kam in eine Bar und sagte: „Ich mache das und das.“ Und ich sagte: „Ich helfe dir.“ Ich habe keine Ahnung, wie das passierte. Es gab kein Fax, und Telefon war sehr teuer. Viele Künstler in New York hatten kein Telefon, weil sie es nicht bezahlen konnten. In den Kunstzeitschriften wurdest du gar nicht erwähnt, weil es keine Werbung gab. Das hat es nicht gegeben. Aber die Dinge sind trotzdem passiert, und jeder wusste genau, wen er unterstützte.

In diesem Kontext ist Joseph Beuys eine interessante Figur.

Joseph war schrecklich.

Entschuldigung?

Joseph war eine Nervensäge. Für einen amerikanischen Künstler, einen Künstler aus New York, war dieses Auftreten des Maître oder Meisters … na ja, es war, was es war, und er war, wer er war. Er war einfach ein mysteriöser Künstler und als Person ein netter Typ. Immerhin kam er zu meiner ersten Ausstellung bei Fischer mit seiner halben Klasse, damit ich etwas Publikum hatte. Es hat sich dann herausgestellt, dass auch noch andere kamen, aber das konnte er nicht wissen, und er wollte nicht, dass ein Künstler, der zu Gast war, zu wenig Besucher auf seiner Eröffnung hatte. Das ist sehr nett! Sie können sich das nicht vorstellen, weil Sie aus einer Szene kommen, die sich beständig selbst „füttert“. Heute gehen alle überall hin, weil sie nichts anderes zu tun haben. Das meine ich ernst. Sie haben nicht viel zu tun, weil alles irgendwie vorgeschrieben ist und jeder sich daran hält. Das ist eine komische Sache. Ich empfand die Zeit damals als sehr positiv, und wir waren der Anfang der Kunstwelt, wie wir sie heute kennen.

Genau deswegen sind wir hier. Um herauszufinden, woher wir kommen.

Da kommt ihr her! Ihr kommt von Künstlern und einigen wenigen Händlern wie Alfred Schmela Alfred Schmela (1918 Dinslaken – 1980 Düsseldorf) eröffnete 1957 in der Hunsrückenstraße 16–18 in Düsseldorf eine Galerie. Sein Programm umfasste wesentliche Positionen der deutschen Nachkriegskunst, darunter Joseph Beuys, Gerhard Richter sowie Künstler aus dem Umfeld der ZERO-Bewegung. . Damals gab es zum Beispiel in Stuttgart einige Künstler – Hans-Jürgen Müller Hans-Jürgen Müller (1936 Ilmenau – 2009 Stuttgart) eröffnete 1958 die Galerie Müller in Stuttgart, die nach seinem Umzug 1969 nach Köln von Margret Müller weitergeführt wurde. 1967 gehörte der Galerist zu den Mitbegründern des ersten Kölner Kunstmarkts. Bis zur Schließung seiner Kölner Galerie 1973 zeigte er unter anderem Werke von Willi Baumeister, Peter Brüning, Arnulf Rainer, Dieter Roth und Günther Uecker. Zwischen 1976 und 1982 war Müller unter anderem am Aufbau der Privatsammlungen der Familien Grässlin, Krauss und Scharpff beteiligt. hat die Stuttgart-Künstler gezeigt –, die haben mit den Künstlern aus Düsseldorf nicht gesprochen. Die Künstler aus Düsseldorf haben mit den Künstlern aus Köln nicht gesprochen. Die Künstler aus Köln haben mit den Künstlern aus München nicht gesprochen, weil sie alle ihr persönliches Förderungssystem hatten.

Aber mit den Leuten von außen haben sie alle gesprochen?

Nein, zu Beginn waren das nur die Düsseldorfer. Das hat sich allmählich etwas geöffnet, sodass sie wussten, was die jeweils anderen machten. Und einiges, was sie damals entdeckt haben, mochten sie. Sie mochten das, was Siggi Polke machte, weil er nicht so viel Aufmerksamkeit bekam. Sie mochten auch, was Blinky Palermo machte … Und wir haben alle zusammen ausgestellt. Wenn das kein Anfang für eine Kunstszene ist, was soll es dann sein? Es gab einige wenige Leute, die etwas mehr Geld hatten. Das heißt, sie kamen dazu und kauften was.

Würden Sie sagen, dass die Kunstszene damals eine Bewegung war, als Sie nach Europa kamen?

Nein, gar nicht. Ich kannte viele von ihnen aus der New Yorker Barszene. In ihren Ferien sind sie nach New York gekommen.

Damals gab es das ZERO Ab 1958 verwendeten Heinz Mack und Otto Piene den Begriff ZERO im Kontext ihrer gemeinsamen Ausstellungen sowie als Titel für die drei Ausgaben ihrer in Düsseldorf publizierten Zeitschrift. Ab 1961 nahm auch Günther Uecker regelmäßig an den Ausstellungen und Aktionen von ZERO teil. ZERO stand für die Stunde null, für Aufbruch und einen radikalen Neuanfang nach den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. ZERO setzte sich deutlich vom etablierten Informel ab. Mit neuen Materialien und der Einbeziehung von Bewegung, Licht und Raum in das künstlerische Werk etablierte ZERO eine neue Formensprache. Vgl. Wieland Schmied, „Etwas über ZERO“, in: Dirk Pörschmann/Mattijs Visser (Hg.), „ZERO 4 3 2 1“, Düsseldorf 2012, S. 9–18. -Netzwerk …

Das waren andere Leute. Sie suchten nach Positionen in der akademischen Welt, und sie hatten Erfolg: Otto Piene hat eine gute Position gefunden, Mack war Lehrer … Wie die Fluxus-Leute waren die ZERO-Leute auf der Suche nach einer stabilen Struktur. Das hat mich nie besonders angezogen. Ich bevorzuge die Kunst als Kunst, ohne Bindung an ein edukatives System.

Die Fluxus-Künstler wollten die Verbindung zwischen Kunst und Leben …

Und sie hatten das Geld, um in New York Häuser zu kaufen. Das hatte sonst niemand. Ich habe keine Ahnung, woher sie das Geld hatten, und es geht mich auch nichts an – von mir kam es nicht. Die meisten, mich eingeschlossen, konnten nicht einmal ihre Miete bezahlen.

Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, Düsseldorf war der Schlüssel. Es gab eine Barszene, und es war einiges möglich. Die Leute schliefen beieinander auf dem Fußboden, und es wurde viel unternommen. Dann kamen Brüssel und Antwerpen, und es gab Art & Project Die Galerie Art & Project wurde 1968 von Geert van Beijeren (1933–2005) und Adriaan van Ravesteijn (1938–2015) in Amsterdam gegründet. Sie zeigten unter anderem Werke von Robert Barry, Stanley Brouwn, Jan Dibbets und Lawrence Weiner und hatten damit einen Schwerpunkt in der Minimal Art und der Konzeptkunst. in Amsterdam. All diese Leute bildeten zusammen eine Struktur, die nicht über Legitimation und Macht funktionierte. Später dann ging es um Legitimation und Macht, so wie es sich in allen Strukturen entwickelt.

Wodurch und wann hat sich das geändert?

Ich habe keine Ahnung. Sobald du „im Strom des Lebens“ bist, weißt du manchmal nicht mehr, was los ist. Du bist überrascht, wenn du in Poznań aussteigst, und da stehen zehn Leute, die wirklich wissen, was du machst. Nur weißt du nicht, woher sie es wissen.

Sie waren auch mit Jan Dibbets Jan Dibbets (* 1941 Weert, Niederlande) studierte an der Fontys Hogeschool voor de Kunsten in Tilburg (1959–1963) sowie der Saint Martins School of Art in London (1967). Bekannt wurde der Konzeptkünstler Ende der 1960er-Jahre durch seine „Perspektivkorrekturen“: Mit einfachen ins Bild gesetzten geometrischen Figuren verändert Dibbets die perspektivische Ansicht dreidimensionaler Räume im zweidimensionalen Bild. Seit 1968 vertritt die Konrad Fischer Galerie den Künstler in Deutschland. Er nahm an der documenta 5 (1972), 6 (1977) und 7 (1982) teil und stellte 1972 im Niederländischen Pavillon der Biennale von Venedig aus. Von 1984 bis 2004 lehrte Dibbets als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. in Amsterdam gut bekannt?

Ich habe bei Dibbets gewohnt, als ich wegen „Op Losse Schroeven“ dort war. Ich kam aus New York. Leute, die aus dem Landesinneren der USA kamen, hatten Geld – wie die Europäer. Sie haben Geld vom Staat bekommen, aber in New York bekamst du nichts. Ich erinnere mich, dass ich bei Dibbets auf dem Fußboden geschlafen habe. Er war sehr freundlich. Du musstest damals in der Lage sein, zu kommunizieren, und das war nicht besonders schwierig. Ich erinnere mich an einen Streik von Heizkraftwerkern in Turin. Ich wohnte bei Mario, Marisa und Beatrice Merz. Sie war sehr dick, und wir lagen zugedeckt im Bett mit vier Wörterbüchern: Französisch, Deutsch, Englisch und Italienisch. Um herauszufinden, wie wir am besten miteinander kommunizieren können. Auf die eine oder andere Weise hat es funktioniert.

Wann trafen Sie Hans Haacke Hans Haacke (* 1936 Köln) ist ein Künstler und Wegbereiter der Konzeptkunst. Von 1956 bis 1960 studierte er an der Werkakademie in Kassel. 1965 siedelte er nach New York über, wo er im Jahr darauf seine erste Einzelausstellung in der Howard Wise Gallery hatte. In Deutschland wurde er ab 1971 von der Galerie Paul Maenz in Köln vertreten. Haacke war Professor an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York (1975–2002) und gewann 1993 gemeinsam mit Nam June Paik den Goldenen Löwen für seinen Beitrag im Deutschen Pavillon der Biennale von Venedig. Er war auf der documenta 5 (1972), 7 (1982), 8 (1987) und 10 (1997) sowie in der Ausstellung „von hier aus. Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf“ (1984) vertreten. ?

Er war damals in New York und stellte schon im Museum of Modern Art aus. Im Jahr 1964 nahm Hans Haacke an der Ausstellung „Contemporary Painters and Sculptors as Printmakers“ im Museum of Modern Art in New York teil. Mit der Arbeit „MoMA Poll“ war er dort auch 1970 in der Ausstellung „Information“ vertreten. In Düsseldorf gab es zu der Zeit den Kapitalistischen Realismus Anfang der 1960er-Jahre lernten sich die Künstler Manfred Kuttner, Konrad Lueg, Sigmar Polke und Gerhard Richter in Düsseldorf kennen. Als ironisches Pendant zu dem in der DDR vorherrschenden Sozialistischen Realismus formulierten sie 1963 einen Kapitalistischen Realismus, der sich durch die Verwendung alltäglicher und popkultureller Motive der westlichen Lebenswelt auszeichnete. Erstmals öffentlich verwendet wurde der Terminus anlässlich der Ausstellung „Leben mit Pop. Eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus“, die am 11. Oktober 1963 im Düsseldorfer Möbelhaus Berges eröffnet wurde. Dort stellten Konrad Lueg und Gerhard Richter neben ihren Bildern auch sich selbst als Teil der Installation aus. Zusammengefasst unter dem Begriff des Kapitalistischen Realismus fanden weitere Gruppenausstellungen unter anderem in der Galerie Parnass in Wuppertal und bei René Block in Berlin statt. Vgl. Dietmar Elger, „Gerhard Richter, Maler“, Köln 2002, S. 44 f. , das waren Konrad Lueg, Richter, Polke …

Fanden Sie die Arbeiten interessant?

Ja, warum hätte ich mit jemandem befreundet sein sollen, dessen künstlerische Arbeit mich nicht interessierte? Warum hätte ich mit Siggi, Gerhard oder Palermo befreundet sein sollen, wenn ich sie als Künstler nicht interessant gefunden hätte? Wir hatten das „Mutti-Vati-Kind“-Problem nicht. Jeder in New York – bis auf die wenigen, die hier geboren sind, wie Barnett Newman, ich und einige andere – kam von woanders. Das hat keinen interessiert. Keiner wusste, wo irgendjemand herkam. Ich kenne Leute, die zwei oder drei Jahre zusammenlebten und nicht wussten, dass der andere aus Norwegen war. Solange sie einen gemeinsamen Nenner in der Kommunikation fanden, kommunizierten sie.

New York ist anders. Heute ist es ein Spielplatz für privilegierte Kinder, aber das wird sich ändern. Was jetzt mit New York passiert, ist in Paris in den späten 1950er- und 1960er-Jahren passiert. Es wird unwichtig. Es ist nur noch ein Ort, an den die Leute zum Spielen gehen. Aber glücklicherweise habe ich 1963 viel gelernt. Ich habe an Ausstellungen teilgenommen, die sehr politisch waren. Das war der Grund, warum ich nach Europa gegangen bin. Ich hatte einen Zugpass und bin überall hingefahren, ich habe so viele Leute getroffen, wie ich konnte. Leute von CoBrA CoBrA war eine Künstlergruppe, die 1948 unter anderem von Karel Appel, Christian Dotremont und Asger Jorn in Paris initiiert wurde. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stand die Entwicklung einer neuen Symbiose von Abstraktion und Figuration sowie der antiakademische Einbezug von Einflüssen aus der Volkskunst. Bis zur Auflösung der Gruppe im Jahr 1951 gaben die Mitglieder zehn Ausgaben des gleichnamigen Magazins heraus. Siehe auch: Willemijn Stokvis, „COBRA. Eine internationale Bewegung in der Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg“, Braunschweig 1989. und von überall her.

Wie lange lebten Sie eigentlich in Europa?

Was meinen Sie mit „lebten“? Ich „lebte“ nirgendwo, bis ich krank wurde. Das ist die längste Zeit, die ich in meinem Leben an einem Ort war, länger als drei Wochen. Ich gehe an einen Ort, ich mache meine Arbeit, und ich komme zurück. Ich hatte das Boot in Amsterdam. Dort war ich 45 Jahre lang gemeldet, und ich habe an beiden Wohnorten Steuern bezahlt. Ich habe nie eine Förderung gehabt. Verstehen Sie? Es ist ein großes Problem, für die Regierung zu arbeiten. Es verdirbt dich. Für immer. Es verdirbt dich, weil du für etwas stehst. Einen Preis erhalten, zur Schule gehen und eine Förderung bekommen, um zur Schule zu gehen, das ist alles in Ordnung. Aber dieser andere Schwachsinn mit den Jacken, die das Land auf dem Rücken tragen … Die Briten haben sich selbst reingeritten. Die Holländer haben sich zerstört. Die Deutschen haben sich zum Gespött gemacht. Unterschiedliche Leben, unterschiedliche Privilegien. Es scheint heute so, als hätten alle die gleichen Voraussetzungen. Aber sie lassen die Armen keine Kunst machen, sie exotisieren sie – so wie Eingeborene. Das ist kein europäisches Phänomen, auch kein amerikanisches, das betrifft die gesamte Kunstwelt. Die Kunstwelt ist so korrupt geworden, dass sie keine Leute reinlässt, die nicht über ein ausreichendes Beziehungsnetzwerk und die entsprechenden Strukturen verfügen.

Es wird keinen neuen Brâncuși geben, bis sie zusammenbrechen. Wenn die ökonomische Struktur zusammenbricht, sind wir wieder dort, wo wir vorher waren. Ich bin mit dem Flugzeug geflogen, um zu der Ausstellung „Op Losse Schroeven“ zu kommen. Jemand hat mir über die Anti-Vietnam-Leute ein Ticket organisiert, Raymond Dirks hat das Ticket bezahlt. Neben studentischen Organisationen und Gruppen der Hippie-Bewegung protestierten ab Herbst 1969 auch Akteure der Wall Street öffentlich gegen den Vietnamkrieg. Raymond Dirks, der zu dieser Zeit als Aktienhändler und Sicherheitsanalyst an der Wall Street tätig war, unterstützte zahlreiche Projekte von Seth Siegelaub und dessen Künstlern durch finanzielle Zuschüsse. Siehe auch: Alexander Alberro, „Conceptual Art and the Politics of Publicity“, Cambridge 2003, S. 190. Er war in der Wall Street gegen Vietnam. Die Regierung hatte ihn vernichtet, aber er hatte damals eine Kreditkarte, und ich bekam durch Seth Siegelaub Seth Siegelaub (1941 New York – 2013 Basel) war ein Galerist, Kurator und Autor. Zwischen 1964 und 1966 führte er eine Galerie in New York, in der mit Robert Barry, Douglas Huebler, Joseph Kosuth und Lawrence Weiner die frühen Wegbereiter der Konzeptkunst vertreten waren. Als freier Kurator war er unter anderem für die Ausstellung „January 5–31, 1969“ im Museum of Modern Art in New York verantwortlich. Gemeinsam mit dem Anwalt Robert Projansky verfasste Siegelaub 1971 das Papier „The Artist’s Reserved Rights Transfer and Sale Agreement“, worin erstmals die Rechte und die Verfügung der Künstler über ihre Werke auch nach einem Verkauf geregelt waren. Anfang der 1970er-Jahre siedelte Siegelaub nach Europa über, wo er sich als Theoretiker vornehmlich mit linken Massenmedien und der Textilwissenschaft beschäftigte. dieses günstige Ticket für 100 Dollar, das mich dahin brachte, wo ich hinmusste. Ich bin damals abgereist und habe eine Person zurückgelassen, die im achten Monat schwanger war und darauf wartete, dass ich mit etwas Geld zurückkam, um das Krankenhaus zu bezahlen, damit sie das Baby bekommen konnte. Es kam aber nicht genug Geld rein, und so musste ich, sobald ich zurück war, eine Ausstellung in Kanada organisieren. Wir fuhren also nach Kanada, kamen zurück, fuhren ins Krankenhaus und haben das Baby in New York bekommen, weil wir kein Geld hatten. Es waren andere Zeiten. Wie das Leben wirklich war, lässt sich nicht beschreiben, aber es war nicht so schlecht. Es war einfach nur sehr anders. Die Leute sehen immer noch den „tollen deutschen Künstler mit seiner Künstlerfrau“ – so waren sie in Deutschland. So haben sie gelebt. Wir aber nicht. Trotzdem waren wir Teil des Ganzen. Es war eine große Gruppe, und es gab auch Europäer, die da nicht reinpassten.

Wer zum Beispiel?

Zum Beispiel Martial Raysse Martial Raysse (* 1936 Golfe-Juan, Frankreich) ist ein Künstler, der zu den Mitbegründern des Nouveau Réalisme gehörte. Bekannt wurde er vor allem durch seine Assemblagen aus Alltagsobjekten und Installationen aus Neonröhren. Er nahm unter anderem an den documenta-Ausstellungen 4 (1968), 6 (1977) und 9 (1992) teil. und einige andere in Frankreich. Sie mussten ihren Führerschein abgeben und erzählten, sie seien zu verrückt, um zur Armee zu gehen und solche Dinge.

Wie war das mit Franz Erhard Walther?

Franz Erhard Walther ist ein alter Freund. Wir waren sehr eng. Ich habe einmal ein Seminar in Hamburg gegeben, als ich etwas Geld brauchte, und wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Franz Erhard war Waldorfschüler. Er hatte nichts gegen das System. Er ist direkt von der Waldorfschule zur Kunstakademie gegangen. Und nach der Kunstakademie wurde er Professor. Das ist in Ordnung.

Er war in New York, bevor er Professor wurde.

Er kam nach New York, arbeitete als Bäcker und so weiter, wie jeder andere auch. Franz Erhard Walther hat es sehr ernsthaft probiert, und er ist ein guter Mensch geblieben. Er wollte ein guter Mensch sein, mehr als dass er ein guter Künstler sein wollte. Das ist ein guter Anspruch, eine große Sache. Er war ein Anthroposoph. Er hat gekocht und wusste auch über andere Dinge Bescheid. Seine Kunst spiegelte eine Art Glauben an das Gute im Menschen wider, im Gegensatz zu James Lee Byars, der an das Teuflische im Menschen glaubte. Sie sind sich aber dennoch ziemlich nah.

Offenbar haben sich Richter und Polke, mit denen er in der Akademie in einer Klasse war, gelegentlich über ihn und seine Arbeiten lustig gemacht. So jedenfalls erzählt es Franz Erhard Walther selbst. Vgl. Franz Erhard Walther.

Wie gesagt, er war Waldorfschüler. Leute aus der Waldorfschule müssen sich alles, was andere im Gymnasium mitbekommen, selbst beibringen. Das braucht Zeit. Und wenn du ein junger Künstler bist, kämpfst du um einen Platz in der Welt. Du willst nicht mit Leuten zusammengeschmissen werden, die das Buch noch nicht gelesen haben. Du weißt, sie würden es verstehen, wenn sie es lesen würden. Das war Franz. Er hat sich alles selbst beigebracht, weil die Schule ihm nichts beigebracht hat. Er hat in der Schule stricken gelernt, aber lesen und schreiben hat er nicht gelernt. Das ist nicht seine Schuld. Aber ich glaube nicht an diese Art der privilegierten Erziehung.

Hatten Sie Kontakt mit ihm, als er in der Zeit von 1967 bis 1973 in New York war?

Vielleicht ja, vielleicht nein. Das ist der Punkt. Er denkt, wir könnten uns getroffen haben, aber das war dann bei einer Party oder einem Pokerspiel oder so. Bei irgendeinem dieser Anlässe, die ständig in New York stattfanden. Die Leute waren sehr offen. „Ich habe hier jemanden, den ich in einer Bar kennengelernt habe. Er ist aus Düsseldorf.“ – „Wer ist das? Wie heißt er?“ – „Palermo“ – „Das klingt nicht deutsch.“ – „Sein Name ist Blinky Palermo. Er ist wirklich ein interessanter Typ.“ Und dann stellten sie ihn wieder jemand anderem vor. Und wenn sie sich mochten, unterhielten sie sich. Sie besuchten Ateliers. Ist das nicht ganz normal? Sie haben nicht gefragt, auf welcher Schule er war oder wem er nahestand oder mit wem er auf Kriegsfuß stand. Das ging niemanden etwas an. Sie haben ihn einfach adoptiert, ungefähr so, wie sie es auch in Düsseldorf machten. Sie waren offen. Und Deutschland hatte einen Vorteil: Es gab die Kunsthalle, und der Glaube der Kunsthallen-Leute war, dass sie Dinge machen mussten, die sie selbst nicht verstanden, damit sie es aus der Nähe betrachten konnten. Und wenn sie jemanden einluden, mussten sie ihm etwas bezahlen. Von dem kleinen Betrag, den die Kunsthalle zahlte, konnten die Künstler etwas mit zurück nach Paris, Amsterdam, New York oder Toronto nehmen. Die Kunsthalle gab dir beispielsweise 400 Dollar. Damals kosteten Flugtickets 100 Dollar. Sie zahlten dir das Ticket im Wert von 100 Dollar und gaben dir zusätzlich 400. Davon konntest du in New York drei oder vier Wochen leben. Es war eine andere wirtschaftliche Situation.

Waren Sie mal in der DDR, als Sie in Deutschland waren?

Ich habe 1971 an einer Ausstellung in der DDR teilgenommen. „Broken Off“, o. A., Ost-Berlin, 1971. Ich bin selbst rübergefahren und habe meine Arbeit mit der Post geschickt. Ich habe jedem offen gesagt, was ich machen würde. Es war in keinster Weise geheim, und es hat niemanden interessiert. Es hätte ihnen nicht egaler sein können. Ich besaß sogar eine halb legale Steuerkarte, weil sie einen Fehler gemacht hatten. Es war eine große Fotoausstellung, und damals waren die Fotografen wirklich ganz oben. Ich hatte einen Film gemacht, und sie zeigten ein paar Stills. Die Fotografien waren von Richard „Dickie“ Landry, aber das wussten die Leute in der DDR nicht. Der Film lief unter meinem Namen, dadurch hatte ich an der Grenze kein Problem. Es waren sehr unschuldige Zeiten. 1975 habe ich einen Film in Berlin gemacht, aber in West-Berlin konnte ich es nicht aushalten, das war eine Hurenstadt. Etwas für die Franz Josef Strauß-Typen und für die Huren. Das Essen war schrecklich. Alles schmeckte nach einem osteuropäischen Gewürz, dem „Deutschen Gewürz“. Das richtige deutsche Essen war exzellent, aber das konnte man sich nicht leisten. Nicht einmal mit einem DAAD-Stipendium. Das waren die preußischen Restaurants. Du konntest dir Eisbein leisten, das war’s. Und Eisbein mochte ich.

Wen haben Sie damals in Berlin getroffen? Waren Sie dort auch an der Akademie?

Alle, die damals dort waren, habe ich getroffen. Aber zur Akademie bin ich nicht gegangen. Warum um alles in der Welt sollte ich zur Akademie gehen? Ich meine das sehr ernst. Ich bin nicht dagegen. Du kannst machen, was du willst, aber ich halte nichts davon.

Ich meine nicht unbedingt zur Ausbildung, sondern um andere Künstler kennenzulernen.

Die haben alle ein ganz anderes Leben geführt. Ich kenne Karl Horst Hödicke, weil er der Freund von meinem Kameramann war. Sie haben zusammen diesen Alligatorenfilm „Made in New York“, Regie: Cornelia Balcerowiak/K.H. Hödicke/Helmut Wietz, 25 Minuten, 1974. Der Essayfilm erzählt die Geschichte eines Alligatoren-Jägers in New York. gemacht. Ich kannte viele Leute. Ich kannte René Block René Block (* 1942 Velbert) eröffnete Anfang 1964 in Berlin das Grafische Cabinet René Block, aus dem noch im gleichen Jahr die Galerie René Block hervorging. Zwischen 1974 und 1977 betrieb er eine Dependance im New Yorker Stadtteil SoHo. Bis zur Schließung seiner Galerie 1979 zeigte Block in seinem Programm unter anderem Ausstellungen und Aktionen von Joseph Beuys, Bazon Brock, Stanley Brouwn, Sigmar Polke, Gerhard Richter und Wolf Vostell. In den Folgejahren organisierte Block als Kurator zahlreiche Ausstellungen für die daadgalerie in Berlin sowie für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Stuttgart, bevor er 1997 die Direktion des Fridericianums in Kassel übernahm. Seit 2008 führt Block die auf Editionen spezialisierte Galerie Edition Block in Berlin. und eine Menge anderer Leute. Ich bin kein einsamer Mensch. Ich war nicht einsam, seitdem ich ein Kind war. Lebe einfach dein Leben, und du wirst mehr als genug Leute kennenlernen. Leb dein Leben einfach als der, der du bist. Das ist kein Witz. Wenn du in die Bürgerrechtsbewegung wirklich involviert bist, also nicht nur redest, wie die Studenten, dann triffst du Leute. Und die haben das gleiche Risiko auf sich genommen wie du. Auch zehn Jahre später werden das noch deine Freunde sein. Es kann sein, dass ihr nichts gemeinsam habt, aber sie sind deine Freunde.

René Block kam 1974 nach New York und eröffnete am West Broadway einen Ausstellungsraum.

Ja, und dort hat er diese Koyote-Sache „Joseph Beuys. I Like America and America Likes Me“, René Block Gallery, New York, 20.–25. Mai 1974. gemacht und jede Menge anderer Dinge. Ich mochte René und ich bin eigentlich bis heute mit ihm befreundet. Ich mache immer noch Sachen mit ihm.

War das damals bemerkenswert, dass ein Deutscher in New York einen Raum eröffnete?

Nein, jeder muss von irgendwoher kommen. In New York machte man keinen Unterschied, ob jemand aus Deutschland oder aus Ohio war. Beide waren besonders. Sie waren geheimnisvolle Wesen, die du nie verstehen wirst, weil sie ein Sonderrecht haben. Wenn du aus einer Großstadt kommst, dann haben die Leute, die von außen kommen, derartige Privilegien, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Sie gehörten dazu, und so wurden sie auch behandelt.

René Block hat es offenbar anders erlebt. Er sagte, es habe Kritiker gegeben, die im gleichen Haus in einer anderen Galerie waren, aber in seiner Etage nicht ausgestiegen sind. Vgl. René Block.

Weil sie an dem, was er zeigte, nicht interessiert waren.

Ich denke, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. René Block sagt, es hätte etwas mit seiner Herkunft zu tun gehabt.

So hat er es vielleicht damals empfunden, aber das ist vielleicht eher ein „gelbe MUSIK“ Die „gelbe MUSIK“ war eine Musikgalerie in Berlin-Wilmersdorf, die zwischen 1981 und 2014 von Ursula Block betrieben wurde. Neben Vertretern der Neuen Musik umfasste das Programm auch Arbeiten von Milan Knížák, Nam June Paik und Olaf Nicolai. Der Galerie war ein Plattenladen mit einer breiten Auswahl an avantgardistischer Musik angeschlossen. -Problem. Ich weiß es nicht genau. Die Leute waren sehr enthusiastisch, wenn jemand aus New York oder Kalifornien nach Europa kam, aber wenn die sagten, sie würden eine Weile bleiben, wurden die Leute sehr wütend. Das ist in New York anders. Da denken die Leute, der Pie ist groß genug für alle und wächst kontinuierlich. In Europa haben sie nicht so gedacht, und sie glauben immer noch nicht, dass der Pie von allein wächst, aber das tut er. Und es macht Spaß; wenn du einen Pie machst, mach einen Cherry Pie. „Mais peuvent-ils faire une tarte aux cerises“ Lawrence Weiner, „Mais peuvent-ils faire une tarte aux cerises?“, 1993. Die Arbeit entstand anlässlich der zweiten Biennale von Lyon. war ein Teil von einer Arbeit, die ich für die Lyon Biennale gemacht habe. Wenn du einen Pie an die Luft stellst, nimmt er die Luft auf und wird größer. Die Analogie ist also gar nicht so schlecht. Der physische Pie …

… wächst.

Ist das nicht lustig? Also nicht viel, aber er wird größer. Wir haben einen Pie erfunden, der funktioniert hat und offen für alle war. Jeder, der teilnahm, hat ein Stück abbekommen, weil der Pie groß genug war. Wissen Sie, was die

„Attitudes Become Form“-Ausstellung war? Es war nicht die Kunst, die geschockt hat, weil die Kunst eigens von Harald Szeemann ausgewählt war – nicht nur die Künstler, sondern die Ausstellungsstücke selbst. Das heißt, die Künstler waren so bekannt, dass ein Typ in einer Provinzstadt in der Schweiz von ihnen wusste. Es ging also nicht um „neue“ Kunst. Interessant war, dass viele der Künstler sich dort kennenlernten, und sie haben sich gegenseitig angefeindet, Beuys und Robert Morris zum Beispiel, bis sie realisierten, dass sie alle auf der gleichen Seite der Barrikade standen. Sie sahen nur nicht gleich aus, aber das machte diese internationale Welt möglich. Es war großartig, sie so zusammenzubringen, denn anders wäre es nicht passiert. Ich habe Beuys Richard Artschwager vorgestellt, auch wenn Artschwager am Boden war, während Beuys einen Höhenflug hatte – am gleichen Ort. Der eine war Übersetzer, der andere Pilot Joseph Beuys (1921 Krefeld – 1986 Düsseldorf) wurde ab 1940 in Posen zum Bordfunker ausgebildet. Zwischen 1941 und 1943 folgte unter anderem eine Weiterbildung zum Fliegerschützen in Foggia. Ab Dezember 1943 diente Beuys auf der Krim im Süden Russlands. Er konstatierte 1961: „[D]er allgemeine Ausdruck Sturzkampfflieger [ist] angebracht, da ich alle Sparten der Waffengattung durchgemacht habe; Funker ist falsch.“ Zit. n. Heiner Stachelhaus, „Joseph Beuys“, Düsseldorf 1988, S. 24. Zu den unterschiedlichen Darstellungen der Kriegseinsätze in der Beuys-Literatur siehe: Hans-Peter Riegel, „Beuys. Die Biographie“, Berlin 2013, S. 47 ff.; Götz Adriani/Winfried Konnertz/Karin Thomas, „Joseph Beuys. Leben und Werk“, Köln 1986 (3. Auflage), S. 22 f., und Stachelhaus 1988 (wie oben), S. 21 ff. . Sie waren sehr unterschiedlich. Artschwager sprach ohne Probleme flüssig hochdeutsch, er war zweisprachig. Es war interessant, sie einander vorzustellen, und sie haben sich sehr gut verstanden. Sie haben beide Sachen gemacht, die den Glauben verlangen. Das ist doch wunderbar.

Viele der deutschen Künstler – Beuys etwa, Georg Baselitz, Richter oder Anselm Kiefer – bezogen sich in ihren Arbeiten auf den Zweiten Weltkrieg.

Kiefer lebt davon. C’est un marchand de misère. Aber das ist okay, ich mag Anselm. Er wird nur mit seinem Quatsch niemals aufhören.

Was für ein Quatsch?

Die Schuld und Deutschland und Frauen und Männer und Helden und Helden und Helden … Aber für die Dinge, die jetzt gerade in der Welt vor sich gehen, interessieren sie sich nicht. Die Vereinigten Staaten, Deutschland, Holland und Dänemark werden wieder brutal rassistisch. Das am wenigsten rassistische Land ist zurzeit die Alte Bundesrepublik. Der Teil von Deutschland bleibt antirassistisch, weil nicht die Studenten auf die Straße gehen, sondern der Kioskbesitzer und der Kleinhändler. Sie riskieren etwas, indem sie das tun. In der ehemaligen Bundesrepublik sind die Leute sehr antirassistisch. Sie haben einen Weg gefunden, um sicherzugehen, dass das, was damals passiert ist, nicht wieder passiert. Der Rest, die Leute aus der ehemaligen DDR, wurden dazu gezwungen, gut zu sein, und als die Mauer fiel, haben sie sich dagegen gewehrt. Das ist ganz normal. Ich erinnere mich an die erste Ausstellung, die ich in Chemnitz nach dem Fall der Mauer gemacht habe, „Oder Ohne Rücksicht/Or Without Regard“, Städtische Galerie Chemnitz, 23. Oktober – 04. Dezember 1994. damals waren sie immer noch dabei, die Apparate der Stasi aus den Wänden zu holen. Sie wollten, dass alle weiß waren und so aussahen wie die Mitglieder ihrer Familien. Das Problem bei den Ostdeutschen ist, dass sie kein bestimmtes Aussehen hatten, weil sie polnisches, ungarisches und tschechisches Blut in sich trugen. Sie hatten keinen „Look“. Sie hatten nicht einmal den verrückten Look, den die Idioten von 1930 hatten. Sie kennen das Bild mit der blonden Frau und dem Baby? Sie war jüdisch. Die klassische semitische Person. Das ist keine Arierin. Arier sehen aus wie Drawidas. Sie sind dunkel. Fahr nach Jordanien, dort sehen die Frauen so aus. Das war wirklich eine klassisch aussehende Person, und ich denke, sie ist nach dem Foto verschwunden.

Sie haben gerade die Schuld erwähnt. War das etwas, das Sie in Deutschland sehen oder spüren konnten? Kiefer und Baselitz haben wir in diesem Zusammenhang kurz genannt …

Sie sind anders. Das sind Künstler, und Künstler treffen die Entscheidung, nicht Teil der restlichen Kultur zu sein. Sie verändern diese. Wenn du nichts hinterfragen kannst, bist du kein Künstler. Wenn du etwas hinterfragst, bist du für viele nicht auf dem richtigen Weg. Das ist ein Unterschied. Wenn Sie sich die bekannten Künstler ansehen: Die wollten gute Menschen sein. Sogar Orte wie Krefeld und Mönchengladbach haben gezeigt, dass sie Kultur hatten. Und die hatten sie wirklich. Sie haben sie wiedererlangt. Sie haben die Kultur der 1920er- und 30er-Jahre wiedergefunden, und sie begannen, deutsche Künstler zu zeigen, die noch nicht verschluckt worden waren. Die, die noch nicht gekocht und verschlungen waren. Ich bin sicher – und das sind alle anderen in meinem Alter auch – du kochst und isst nicht so viel Fleisch, wenn du Würstchen aus Sägespänen machst. Das sind diese ganzen verdorbenen Leute. Das sind alles Kannibalen. Das ist mein Gefühl. Es ist hart, aber ich habe das gleiche Gefühl über die Grausamkeiten, die auf der ganzen Welt stattfinden, von Bosnien über Australien bis Indonesien. Wenn sie jemanden kochen, werden sie ihn auch irgendwie essen. Und dann stellt sich heraus, dass sich der Kannibalismus da draußen vermehrt … das ist ziemlich seltsam. Das klingt gut, wenn es um Sex geht, aber nicht, wenn es um Nahrung geht. Ich denke, das hängt alles miteinander zusammen. Ich halte die 1960er- oder 70er-Jahre an sich nicht für besonders wichtig, einige Werke, die in den 60er- und 70er-Jahren entstanden sind, halte ich für wichtig. Die Zeit war zum Kotzen. Voller Lügen. Die ganze Vietnam-Geschichte Im engeren Sinne bezeichnet der Vietnamkrieg den kriegerischen Konflikt, der von 1954 bis 1975 zwischen dem von China und der Sowjetunion unterstützten Nordvietnam und dem durch die USA und Australien unterstützten Südvietnam herrschte. Nachdem die Indochinakonferenz 1954 die Teilung Vietnams in einen kommunistischen Norden und einen antikommunistischen Süden festgesetzt hatte, entwickelten sich ab 1955 zunehmend militärische Konflikte zwischen den beiden Landesteilen. Da die USA eine Ausweitung des kommunistischen Einflussbereichs fürchtete, griff sie ab 1964 aktiv in die Auseinandersetzung ein. Trotz technischer Überlegenheit, dem Einsatz chemischer Waffen und einer stetigen Verstärkung der eigenen Bodentruppen konnten die Vereinigten Staaten ihre Interessen nicht durchsetzen. Innenpolitische Differenzen sowie der anwachsende öffentliche Druck führten ab 1969 zu einem schrittweisen Rückzug der USA. Der Vietnamkrieg endete am 01. Mai 1975 mit der Einnahme Saigons durch die Truppen Nordvietnams. Siehe auch: Marc Frey, „Geschichte des Vietnamkriegs. Die Tragödie in Asien und das Ende des amerikanischen Traums“, München 2006. . Deutsche Truppen waren in Vietnam, kanadische Truppen waren in Vietnam, sie leugnen es, aber sie waren da. Und zwar über zehn oder zwanzig Jahre. Ab 1954 waren sie da. Sie haben alle gelogen und wir haben all diese Leute dort ohne irgendeinen Grund getötet. Jetzt haben wir Präsidentschaftskandidaten, die damit prahlen, wie viele Menschen sie getötet haben. Es tut mir wirklich leid, aber man geht nicht nach Vietnam, um Beziehungen wieder aufzubauen, während die Menschen dort immer noch unter den Folgeschäden von den eingesetzten Chemiewaffen leiden, und fängt an zu erzählen „Wir haben heute Soundso getötet“. Was soll der Scheiß? Das ist wie Franz Josef Strauß. Sie wissen, dass Franz Josef Strauß nicht nach New York reisen konnte? Er hat Prostituierte geschlagen, und das ist ein Tabu! Das Gleiche hat Blinky Palermo gemacht. Ich war einer von denen, die ihn aus dem Knast geholt haben. Sie haben ihn damals verhaftet. Er wusste nicht, dass das verboten war. Man tut, was man tun muss. Im Knast beklauen sie dich, und der Polizeibeamte damals sagte, er würde ihn an Ort und Stelle erschießen.

Wenn Sie sagen, die 1960er- und 70er waren nicht so wichtig …

Sie machen es zu einer Fantasterei. Sie machen aus einer Zeit, die Sie sich nicht einmal vorstellen können eine Fantasterei. Warum? Das ist so dumm wie die Leute in Deutschland, die sich wie die Indianer kleiden und sich vor ein Tipi setzen. Wissen Sie, wie viele Leute das machen? In Berlin machen es Millionen! Und die Leute von der Armee haben sich daruntergemischt, jetzt sind sie alle Cowboys und Indianer. Na schön, aber was zum Teufel wissen die über Indianer? Was wissen Indianer über Indianer um 1800? Gar nichts!

Genau das ist der Grund, warum wir mit so vielen Leuten sprechen. Bereits nach zwanzig Minuten kann ich feststellen, dass Ihre Geschichte, Ihre Perspektive sich in vieler Hinsicht von der vieler anderer Gesprächspartner unterscheidet.

Ich habe es erlebt und eine Menge gelernt. Wenn es nicht darum gegangen wäre, durchzukommen, würden Sie meine Arbeit gar nicht kennen, weil mein Werk in kommerzieller Hinsicht nicht rentabel war. Sie wissen, was ich mache, das heißt aber nicht, dass die Zeit besonders wichtig war. Das heißt nur, dass einige Leute in die Zeit passten.

Hat irgendeine Generation das Gefühl, dass die eigene Zeit besonders wichtig ist? Man betrachtet nicht die Vergangenheit, weil sie interessanter zu sein verspricht als die Gegenwart, sondern weil dort die Wurzeln liegen.

Nicht unbedingt. Viele Leute, die ich kenne, waren sich ihrer Geschichte bewusst, man hat daraus gelernt. Das heißt aber nicht, dass es wirklich etwas zu bedeuten hat. Man erfährt darüber und das ist eine merkwürdige Sache. Für einen New Yorker, für jemanden aus den Vereinigten Staaten, verändert sich die Sprache nicht. Deutschland hat seine Sprache, die Grammatik und all das, seit dem Zweiten Weltkrieg fünf Mal verändert. Auch wenn Sie 1959 die deutsche Sprache perfekt beherrschten, 1969 war es schon nicht mehr perfekt. Aus irgendeinem Grund gab es immer wieder Veränderungen. Amerikanisches Englisch verändert sich nicht, weil es alles in sich aufnehmen kann. Es gibt dafür keine Akademie, die gibt es übrigens in Deutschland auch nicht. Es gibt den Duden. D-U-D-E-N. Und ich finde es ziemlich lustig, dass Duden einem sagt, was man zu tun hat. Duden ist ein Unternehmen.

Man achtet darauf, solange man noch in der Schule oder Universität ist, aber sobald man da raus ist, kümmert es einen nicht mehr.

Ich denke, es ist wichtig zu lernen, was sie denken. Ich habe in Österreich eine Ausstellung über die deutschen Artikel „die“, „der“ und „das“ gemacht. „Lawrence Weiner. X Y & Z“, Bawag Contemporary, Wien, 17. März – 17. Juni 2006. Was passiert, wenn man sie in Schere, Stein, Papier verwandelt? Wie sieht das aus? Ich glaube nicht an „die“, „der“, „das“ – es macht keinen Sinn, absolut nicht.

Ich verstehe, dass dieses Thema für Sie von Wichtigkeit ist.

Nein, das ist für mich überhaupt nicht wichtig. Es gibt kein Gender. Ich verstehe nicht, wie Stahl ein Geschlecht haben kann. Ich kann nicht verstehen, dass Stein ein Geschlecht hat. Es hat kein Geschlecht. Ich habe auch nie verstanden, dass Menschen ein Gender haben. Es sind Personen. Ich bevorzuge das alte französisch- revolutionäre citizen, citizen, citizen. Ich denke immer noch, dass das viel besser ist. Es geht mich eigentlich nichts an. Es geht dich erst etwas an, wenn die Person für dich attraktiv wird und du das Gefühl hast, dass du Zeit mit ihr verbringen wirst. Dann musst du herausfinden: „Bist du ein Junge oder ein Mädchen? Bist du ein Stein oder ein Stück Holz?“ Dann wird es wichtig, aber ansonsten, was macht es für einen Unterschied?

Haben Sie immer so empfunden?

Ja. Ich bin so aufgewachsen, auf der Straße mit dem ganzen Hass um mich herum. Der Hass von ethnischen Gruppen war so stark, dass man als Kind darauf reagierte. Man beginnt zu verstehen, was sie machen, und dann hört man auf, sie zu achten. Und wenn man aufhört, auf Mutti und Vati zu hören, wird das Leben sehr verantwortungsvoll und sehr ernst und sehr schön. Wenn du auf sie hörst, musst du deine Syntax ändern, um mit ihnen zu sprechen. Die können mich mal.

Viele Ihrer Zeitgenossen haben einen anderen Standpunkt als Sie. Insbesondere, was das Thema Gender betrifft.

Okay, viele Leute halten sich an altmodischen Modellen fest, das heißt aber nicht, dass sie keine gute Kunst machen. Das heißt nicht, dass ihre Musik nicht gut ist. Es heißt nur, dass sie Arschlöcher sind. Sie sind dumm, was nicht bedeutet, dass das, was sie machen, auch dumm ist. Einige sehr gute Kunstwerke sind von sehr sehr schlechten Leuten gemacht. Und einige sehr schlechte Kunstwerke sind von extrem netten Leuten gemacht. Sie wissen genau, was ich meine.

Natürlich, ja. Was ist mit den Medienkünstlern der 1960er- und 70er-Jahre? René Block hat versucht, das in New York etwas voranzutreiben. Zusammen mit Nam June Paik und einigen anderen. Er hat Künstler gezeigt, die sonst niemand unterstützte.

Richtig.

War das eine Lücke, die er füllen konnte?

Ja, das war es.

Sie sagten, damals sei alles sehr offen gewesen. Warum war es dann so schwierig, die Medienkunst zu etablieren?

Man sollte nicht vergessen, wie reaktionär zum Beispiel Annette Michelson Annette Michelson (* 1922) ist eine Kunstkritikerin und emeritierte Professorin. Ab Mitte der 1960er-Jahre betreute sie als Herausgeberin die Rubrik „Performance und Film“ im Kunstmagazin „Artforum“. Anfang der 1970er-Jahre gründete sie an der New York University den Fachbereich für Film, wo sie sich insbesondere für die weitere Entwicklung des „American Independent Cinema“ einsetzte. Gemeinsam mit Rosalind Krauss gründete sie 1976 die Kunstzeitschrift „October“. Als Gastprofessorin lehrte Michelson unter anderem auch an der Staatlichen Filmschule in Moskau sowie an den Universitäten in Yale und Wien. war und die Leute, die mit der Universität verbunden waren. Sie haben Michael Snow Michael Snow (* 1929 Toronto) ist ein Künstler und Regisseur. Er ist für seine Experimentierfreudigkeit mit technischen Medien bekannt und war unter anderem auf der Biennale von Venedig 1970 sowie auf der documenta 6 (1977) vertreten. Snow zählt zu den frühen Wegbereitern der konzeptuellen Fotografie. akzeptiert, aber sie haben Jack Smith Jack Smith (1932 Columbus, Ohio – 1989 New York) war ein Regisseur, der zu den einflussreichsten Vertretern des frühen Undergroundfilms gerechnet wird. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen „Flaming Creatures“ (1963) und „Normal Love“ (1963). und andere Leute nicht akzeptiert. Das war die Akademie. Ich war Teil der Film-Makers’ Cooperative The Film-Makers’ Cooperative (auch: The New American Cinema Group) ist eine nichtkommerzielle Organisation, die 1962 von unter anderem Shirley Clarke, Jonas Mekas und Lloyd Michael Williams in New York gegründet wurde. Während der 1960er- und 70er-Jahre zählte sie zu den wichtigsten Plattformen für die Verbreitung experimenteller und avantgardistischer Filme. In ihrer Sammlung befinden sich heute mehr als 12.000 Werke aus dem Bereich Film- und Videokunst. , dort haben sie Filme von mir gezeigt. Die Sache ist die: Irgendwann interessierst du dich nicht mehr für die Akademiker. Das ist wie mit den Strukturalisten in den Vereinigten Staaten. Sie kamen alle aus Schulen im provinziellen Mittleren Westen. In dem Moment, als sie New York erreichten, funktionierte Strukturalismus nicht mehr. Die Strukturalisten haben gesagt: „Es war eine großartige Idee, aber es funktioniert nicht.“ Jacques Derrida saß in Paris und sagte: „Das läuft nicht so, wie wir es erwartet haben.“ Du kannst ein Dialektiker sein, ohne ein Strukturalist zu sein. Das war mein Punkt. Du kannst ein Sozialist sein, ohne ein europäischer Kommunist zu sein. Du kannst ein amerikanischer Sozialist sein, der glaubt, alle haben das Recht auf Essen, gesundheitliche Versorgung, Erziehung und öffentliche Bibliotheken. Ganz egal, ob du dich gut fühlst oder nicht, solange du genug zu essen hast, deine Kinder medizinisch versorgt sind und zur Schule gehen können, solange es eine Bibliothek gibt – was zum Teufel willst du sonst noch vom Leben? Das ist wirklich alles, was du von der Gesellschaft erwarten kannst.

Hatten Sie Ihre erste Ausstellung in einer Galerie?

Nein, in Coffeeshops wie alle anderen auch. 1964 hatte ich dann die Ausstellung bei Seth Siegelaub, das war in der 56th Street, zwischen der 5th und 6th Avenue. „Lawrence Weiner“, Seth Siegelaub Contemporary Art, New York, November – Dezember 1964. Nebenbei verkaufte er Teppiche, um das Geld für seine Ausstellungen zu verdienen.

In den 1960er-Jahren gab es in Europa so gut wie keinen Kunstmarkt. War das in den Staaten genauso?

Es war nicht wirklich ein Markt. Ich konnte etwas in Paris verkaufen, weil Roger Mazarguil, der ein Restaurant hatte, mich über Daniel Buren zu einem Dinner eingeladen hatte. Wir sind zu ihm hochgegangen, haben gesprochen, und dann hat er eine Arbeit gekauft. Er hat bar bezahlt und mich zum Essen eingeladen. Es war nicht viel Geld, aber es gab einen Markt. Herman Daled, ein belgischer Radiologe, flog einmal von Brüssel nach Berlin, um die Arbeiten aus der Ausstellung, die ich dort gemacht hatte „Lawrence Weiner“, Galerie Folker Skulima, Berlin, 16. Dezember 1970 – 15. Januar 1971. , zu kaufen. Es war keine große Sache, aber man hat ab und zu etwas verkauft. Es war nicht genug Geld, um ein bourgeoises Leben mit Haus auf dem Land und Ferienaufenthalten zu führen. Das war es wirklich nicht, aber es gab eine kleine Unterstützung, wenn du genug gemacht hast. Wenn man am Ball blieb, war es genug Geld, um zu überleben und ein bisschen davon zurück ins Nest zu bringen, egal, ob dein Nest in Bogota war oder in Westhampton.

War der Markt in New York ein anderer als in Europa? Es gab damals schon einige „Big Player“ wie zum Beispiel Leo Castelli.

Ich ging erst in den späten 1960er-Jahren zu Leo Castelli.

Was war Ihrer Meinung nach die Motivation der Galeristen? Mit Künstlern wie Daniel Spoerri, Joseph Beuys oder Nam June Paik konnte man kaum Geschäfte machen.

Sie haben ein oder zwei Arbeiten verkauft, und das war genug, um die Stromrechnung und die Frau oder den Mann hinterm Galerietresen zu bezahlen. Für den Künstler war es genug, um woanders wieder eine neue Ausstellung zu machen.

Viele waren damals ständig unterwegs, um irgendwo auszustellen. Jede Ausstellung war wichtig, aber die Künstler haben die Ausstellungen vor allem gemacht, weil es Geld dafür gab. Das war ein Weg, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und wir konnten das machen, was wir machen wollten. Die Lebensumstände waren hart, aber das kann man heute nicht mehr nachempfinden. Was einer privilegierten Person in der heutigen Kunstwelt undenkbar erscheint, war damals in New York ganz normal. Meine Tochter ist 1969 in New York geboren, sie ist praktisch ohne Heizung aufgewachsen. Auf dem Boot gab es 18 Jahre lang keine Elektrizität, kein fließend Wasser. Als sie acht Monate alt war, haben wir die Windeln bei den Bahngleisen gewaschen, und das galt nicht als besonders ausgefallen. Verstehen Sie, was ich meine? Es war nicht komfortabel, aber man hat das Beste daraus gemacht. Entweder das – oder man ist der Gang, der Triade des Landes beigetreten, in dem man gerade war. Das macht man aber nicht. Ich nicht. Ich bin nicht erwachsen geworden, um ein nationalistischer Mafioso zu werden.

Wäre es leichter gewesen, in Europa zu leben?

Nein, ich war kein Europäer. Ich kam nicht aus der richtigen Klasse. Wenn ich in Europa geboren und aufgewachsen wäre, wäre ich nicht Künstler geworden.

Warum nicht?

Ihr hättet mich durch das Schulsystem fallen lassen. Das ist ein geschütztes Schulsystem, das die unteren Klassen unten hält, besonders in Holland und Deutschland. Es gibt ein Klassensystem in Europa, das sich niemals auflösen wird. In den USA gibt es ein Klassensystem, das sich aufzulösen versucht, aber es gelingt nicht. Es wird zusammenbrechen, doch es wird eine Weile dauern, weitere fünf Jahre. Ich hatte einfach Glück, als es an der Zeit war.

Aber Sie waren bereits Künstler, als Sie nach Europa kamen. Niemand hätte Ihre Ausbildung oder Ihren sozialen Stand hinterfragt, oder?

Doch haben sie, aber nicht so richtig. Es hatte nichts zu bedeuten. Ich habe ja nichts verlangt und kein spezielles Visum beantragt. Ich ging einfach als Tourist durch. Warum sollte es sie interessieren, ob ich da „Künstler“ hinschreibe oder nicht? Das machte für sie keinen Unterschied. Sie dachten ohnehin, „Künstler“, bedeute Sänger und Performer, also Artist. In New York war das eine andere Geschichte. In den Vereinigten Staaten war es ein Problem, Künstler zu sein, aber heute ist es nirgendwo mehr ein Problem, jeder weiß, was das ist.

Sie meinen, die Leute wussten nicht, was sie sich unter einem Künstler vorzustellen hatten?

Nein, sie wussten nicht, was das war.

Sie haben mehrfach gesagt, dass Sie begannen, Kunst zu machen, um zu kommunizieren.

Ja, das ist ein notwendiger Aspekt, wenn man Objekte in die Landschaft stellt, sodass die Leute, die darauf treffen, ihre Richtung oder ihre Logik ändern können. Das ist sehr wichtig für mich. Warum sonst sollte ich morgens aufstehen?

Ab wann haben die Leute verstanden, worum es in Ihren Arbeiten geht?

Von Anfang an. Das war eben New York, und da gab es keine Akademie. Junge Leute, alte Leute – es war wirklich egal. Es ging darum, was du zu erzählen hattest und was du tatsächlich gemacht hast. Viele Künstler waren nicht unbedingt besonders hilfsbereit, aber sie stellten keine Fragen. Sie sagten höchstens mal: „Das ist Bullshit.“ Egal. Dasselbe sagten sie auch über Kenneth Noland und andere Leute, aber als Künstler waren sie akzeptiert. Das war nicht das Problem. Keiner hatte ein Zeugnis. Man schaute sich die Arbeit an, und wenn es wie Kunst aussah, war es Kunst. Vielleicht mochte man es nicht oder es entsprach nicht deinem Glauben. Ich denke, das hat sich mit dem Vertrag von Lissabon für die Absolventen geändert. Der 2007 verabschiedete Vertrag von Lissabon regelt unter anderem das moderne Urheberrecht sowie dessen Rolle im internationalen Handel. Siehe auch: N.S. Sreenivasulu, „Law Relating to Intellectual Property“, Neu-Delhi 2013, S. 429 f. Keine öffentliche Institution in der Europäischen Gemeinschaft, den USA, Kanada oder Mexiko darf ein Kunstwerk erwerben, wenn es nicht von einem anerkannten Künstler geschaffen wurde.

Sie sagen, die Leute verstanden Ihre Arbeit von Anfang an. Gilt das auch für das Werk Gerhard Richters? Es gab bereits sehr früh ein ernsthaftes Interesse an seiner Malerei, wohingegen Polke zum Beispiel bis zu den späten 1970er-, frühen 80er-Jahren nicht besonders populär war. Ließen sich Richters Arbeiten gut verkaufen, weil sie gut aussahen? Konnte er aufgrund eines Missverständnisses von seinen Bildern leben?

Ich glaube nicht, dass man das ein Missverständnis nennen kann. Wenn man eine öffentliche Arbeit macht und es aufgrund eines Missverständnisses ein positives Feedback darauf gibt, nimm es an. Wenn jemand herausfindet, wie man die Straße auch anders überqueren kann, ohne vom Auto erwischt zu werden, dabei aber alle Regeln ignoriert …

… dann ist es in Ordnung.

Für mich ist es in Ordnung. Menschen haben ein Ego-Problem und wollen wertgeschätzt werden. Ich möchte nicht wertgeschätzt werden.

Aber die Situation hat sich verändert. Leute wie Polke wurden Ende der 1970er- und mehr noch Anfang der 1980er-Jahre sehr erfolgreich.

Man sollte aber nicht vergessen, dass Polke eine bestimmte Art halluzinogener Abenteuer verfolgte. Gerhard nicht.

Denken Sie, das war der Grund?

Letztendlich konnte man es ihren Arbeiten ansehen. Gerhards Erkundung war in Champagner verschwendelt. Polke war ein anderer Verschwenderling.

Verschwenderling?

Verschwendeln, ein schönes Wort, oder? Das ist Plattdeutsch. Also Holländisch. Es kommt aus der Sprache, die die Blumenverkäufer im Norden, auf allen Friesischen Inseln, sprechen. Es stammt aus dem Altdeutschen, glaube ich. Ich weiß es nicht genau. Ich habe nie Sprache studiert, und das ist ein großes Problem. Ich wünschte, ich hätte, habe ich aber nicht. Als ich in der Schule war, habe ich bei den Sprachen nicht aufgepasst, weil ich mich mehr für die neuere Physik interessierte und andere Dinge, denen ich dank meiner großartigen Lehrer in der Schule nachgehen konnte. Sie waren aus der Universität, aber sie unterrichteten in öffentlichen Schulen, weil sie als Sozialisten oder als Kommunisten gefeuert worden waren. Da sie Familie hatten, sind sie zum Arbeiten nach New York gekommen. Es gab damals spezielle Schulen, und ich besuchte eine davon. Es gab einen Test, der so war, wie ein Test sein sollte: Jeder hat eine Nummer, keinen Namen. Wenn man den Namen kennt, kennt man die Ethnie – und die Menschen können es nicht lassen, danach zu urteilen.

Ich möchte noch einmal auf Polke und seine Art der Verschwendelung zurückkommen.

Polke? Er hat sich in Märchen und solche Dinge hineingearbeitet. Es war fantastisch, das führte zu wunderschönen Werken.

Ich habe noch eine Frage, danach können Sie sich ausruhen.

Nein, ich habe ein großes Treffen bei der Dia Art Foundation, wo ich eine neue Arbeit mache. Da gibt es schon eine alte Arbeit, die nach draußen wandern muss. Mir gefällt der Ort nicht, an dem sie angebracht ist, aber mir gefällt die Arbeit. Und ich mag das Land nicht. Es ist verrückt, wenn die Leute überallhin das Auto nehmen. Zu vielen Museen kommen Sie heute ohne Auto gar nicht mehr. Das ist ziemlich krank.

Ja, das ist es.

Als ich aufgewachsen bin, habe ich alles gesehen, indem ich mit der U-Bahn und hinten auf den Bussen gefahren bin. Es war eine andere Zeit. Sie haben freie Pässe ausgegeben, als sie das Museum of Modern Art wiedereröffnet haben. Du konntest mit vierzehn Jahren in den Jazzklub gehen, eine Flasche Bier kaufen und an der Theke sitzen. Man hat warmes Bier getrunken, weil man sich kein zweites leisten konnte. Aber sie ließen dich in der Ecke an der Bar sitzen, wenn sie der Meinung waren, dass du dich wirklich für Musik interessiertest. Jedenfalls, wenn du alt genug aussahst. Wenn du mit zwölf oder dreizehn anfingst, zu arbeiten – ich meine physisch –, dann sahst du alt genug aus. Du konntest da sitzen und Thelonious Monk, Coltrane und andere hören. Lach nicht!

Ich freue mich. Sie erzählen so lebendig. Das ist schön.

Meinen Sie nicht, Gerhard hat Visionen von einer Weltkultur?

Gerhard?

Darum geht es in seiner Arbeit. Meinen Sie nicht, dass Polke und Rückriem, der ein enger Freund war, und alle anderen Visionen hatten? Vielleicht sind einige von ihnen heute etwas merkwürdig, sie werden alle alt.

Ich mag merkwürdige Leute.

Merkwürdig im Sinne von alt. In New York kann man nicht alt werden. Entweder arbeitest du weiter oder du stirbst. Ich meine nicht physisch. Du verschwindest einfach. Die hiesige Kunstwelt ähnelt dem „People“-Magazin: Bring sie hoch, bring sie ganz hoch, und dann bring sie runter und zeige, dass du es auch geschafft hast. In Europa lassen sie dich in Ruhe, sobald du es nach ganz oben geschafft hast. Sie lassen dich durchdringen und es gibt eine Struktur, die sich um die älteren Künstler kümmert, von denen niemand weiß, wer sie sind. Als ich in die Welt der Kunst kam, hatte ich absolut keine Ahnung, wer zum Teufel diese Künstler waren und warum alle sich für sie interessieren. Sie waren in einigen Städten für zwei oder drei Jahre eine große Nummer. Früher waren die Künstler in Europa sehr viel zivilisierter als in den Vereinigten Staaten.

Und Sie meinen, die hatten alle eine Vision?

Jeder gute Künstler hat eine Idee davon, warum er tut, was er tut – was auch immer es ist. Ich habe ein Seminar an der Städelschule gegeben und im Prinzip gesagt: „Ihr müsst uns erzählen, warum ihr Kunst macht.“ Da haben sie gesagt: „Das ist privat.“ „Raus mit Ihnen, verdammt noch mal!“, habe ich gesagt. „Kunst ist eine öffentliche Angelegenheit. Entweder sagst du es uns oder du verlässt das Seminar.“ Und dann habe ich vier oder fünf Leute rausgeschmissen. Sie wollten es mir nicht sagen, es war ein „Geheimnis“. Ich meine das ernst. Wir sprechen über Erwachsene, keine Kinder. Ich verstehe, wenn du in einem Workshop mit armen Kindern in Paris, Lyon oder Bordeaux bist, und sie die Struktur nicht verstehen. Sie werden wirklich sehr schüchtern, das verstehe ich. Aber ein Erwachsener, der Geld bekommt, damit er zur Schule gehen kann, und dann nicht in der Lage ist, zu sagen, warum er da ist, das verstehe ich nicht. Das ist ein Privileg, ein dummes Privileg. Sie bekommen Unterstützung, nicht viel, aber genug, sodass sie ihre Eltern nicht nach Geld fragen müssen. Und angeblich erhalten sie eine vernünftige Ausbildung. Ich wusste, was das Resultat sein würde. Ich wusste, die meisten würden aufstehen und sagen können, was sie zu tun versuchen. Einige von ihnen waren dümmlich. Na und? Es war immerhin etwas – und sie waren bereit, es laut zu sagen.

Veränderte sich die Einstellung der Schüler?

Man würde hoffen, dass sie die Schule und das Seminar nicht als dieselbe Person verlassen, nicht wahr?! „How Ya Gonna Keep ’Em Down on the Farm (After They’ve Seen Paree)?“ „How Ya Gonna Keep ’Em Down on the Farm (After They’ve Seen Paree)?“ ist der Titel eines Poplieds, das 1919 von Walter Donaldson, Sam M. Lewis und Joe Young produziert wurde. Es entstand anlässlich der Siegesparade, die den US-Präsidenten Woodrow Wilson nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Versailles in den USA empfing. . Das ist ein Ausdruck aus dem Ersten Weltkrieg. Wie gehst du mit jemandem um, der schließlich alles das, was du gelesen hast, gelesen hat, von Beckett bis sonst was, und sich scheinbar trotzdem nicht verändert? Natürlich verändern sie sich. Und hoffentlich in eine Richtung, mit der du glücklicher bist.

Verändert sich dadurch auch deren Einstellung zur Kunst?

Natürlich. Es gibt noch eine andere Sache: sexuelle Befriedigung. Ego verändert manche Leute, manche nicht. Ich habe keine Ahnung. Meine Aufgabe ist es, Dinge zu machen, die das Leben anderer durcheinanderbringen, und es scheint so, als ob ich das einigermaßen hinbekäme. Ich biete ihnen etwas Konsequentes an, und wenn sie das ignorieren, können sie immer noch ihr ganzes Leben leben, ohne davon beeinträchtigt zu sein. Wenn sie es akzeptieren, müssen sie im Prinzip die Art und Weise, wie sie über Dinge nachdenken, ändern. Wenn es im Wert keinen Unterschied zwischen einem Stück Holz, einem Stück Aluminium oder einem Stück Stahl gibt, dann kann es keinen Unterschied zwischen einer schwarzen, gelben oder weißen Person geben. Das kann einfach nicht sein.

Denken Sie nur daran, wie viele Doktoren in den 1930er-Jahren gestorben sind. Doktoren aus Heidelberg, mit großen Namen, die in keinster Weise schlechtes Blut hatten. Sie hatten gutes Blut, denn sie haben gesagt, dass alle das gleiche Blut haben. Und dafür wurden sie umgebracht. Das ist interessant. Das könnte jetzt in den Vereinigten Staaten passieren. Es sieht sehr nach 1933 aus – allerdings mehr nach Mussolini als Hitler.

Meinen Sie?

Ja. Mussolini ging es nicht darum, Leute zu verfolgen, ihm ging es darum, Mussolini zu sein. Und ich glaube, so etwas bekommen wir hier auch. Der rechte Flügel, der Leute verletzen will, scheint es nicht an die Macht zu schaffen. Ted Cruz und diese Leute, die Jesus ins Weiße Haus bringen wollen. Dieser Trump will einfach nur einen großen Auftritt, er wird alles versprechen und nichts machen, aber er wacht morgens nicht auf und sagt: „Ich bringe die Zigeuner um.“ Er wird sagen: „Hi, good morning!“ Und Mussolini war genauso.

Was ist heute Ihre Vision?

Meine Vision heute? Sie meinen, warum ich mich damit herumschlage, so viele Dinge in der Öffentlichkeit zu tun? Eigentlich sollte ich für eine Weile ein Sabbatical einlegen … Ich habe gerade die Chemotherapie beendet – letzte Woche. Es kommt alles raus, alles fällt aus, meine Haut hängt. Normalerweise bin ich ziemlich gut in Form. Ich weiß nicht, wie das mit dem Reisen werden wird. Ich kann jetzt nicht losrennen, weil alles falsch gelaufen ist. Vielleicht wird es besser – oder aber ich werde sterben. Das eine oder das andere, es ist wie es ist. Ich bin 74. Ich kann keine große Sache daraus machen. Ich habe 60 Jahre geraucht. 60 Jahre! Können Sie sich das vorstellen? Und dann habe ich aufgehört. Ich habe aufgehört, weil sie mir sagten, ich soll aufhören.

Wann haben Sie aufgehört?

Als ich mit der Behandlung anfing, im Januar. Ich hatte schon auf vier oder fünf Zigaretten pro Tag reduziert, was gut ist und normal. Nach dem Frühstück, nach dem Mittag und Abendessen und dann eine zur Nacht. Ich habe auch viel Zigarre geraucht. Ich habe gerne geraucht. Immer noch. Ich rauche auch gerne Dope. Es lindert den Schmerz. Die Schmerzen waren wirklich unerfreulich, aber nicht so schlimm, wie sie sagen.

Nicht?

Sorry, ich bin einfach keine Dramaqueen. Natürlich hätte ich lieber, dass es nicht da wäre, aber es stört nicht wirklich. Ich sitze hier und rede mit dir.

Worüber ich sehr glücklich bin. Und Ihre Vision?

Meine Vision? Was ich zu vermitteln versuche, ist, dass wenn Leute die Beziehung zwischen Materialien in einer nicht-metaphorischen Weise betrachten würden … – überleg mal: Wenn du die Metaphern, Anekdoten und Geschichten, die dir irgendwann einmal erzählt wurden, betrachten würdest, wäre das wie diese Sache aus Neuguinea, die ich im Jewish Museum mache: „NAU EM I ART BILONG YUMI“ Lawrence Weiner, „NAU EM I ART BILONG YUMI“, 1988–2016. Das Werk war Teil der Ausstellung „Take Me (I’m Yours)“, die von September 2016 bis Februar 2017 im Jewish Museum in New York stattfand. . Jeder mit einem indoeuropäischen Hintergrund kann das verstehen, aber sie suchen darin immer eine Aussage. Die Kunst von heute gehört uns. Es ist wirklich sehr einfach. Alles, was du machen musst, ist stillstehen. Das meiste, was ein Künstler heute zu zeigen versucht, kannst du verstehen, indem du einfach stillstehst und es in den Kontext der Sache selbst bringst. Dann kannst du es entweder annehmen oder ablehnen, aber wenn du nicht sehen kannst, was es ist, ist es nur Stil und Mode. Das ist das, was ich versuche. Ich versuche, Leute dazu zu bringen, zu sehen, dass Hierarchien nicht notwendig sind. Das ist die schönste Entdeckung. Und wenn du mich je zitieren solltest, zitiere das: All die Leute, die nicht glauben, dass Religion eine Unterhaltung darüber ist, woher wir kommen und wer uns gemacht hat, sondern etwas in Stein Gemeißeltes, suchen eine Hierarchie. Und jedes System, das gegen die Hierarchie geht, ist ein Fluch. Es ist gegen das, wofür sie stehen. Jede religiöse Person, die – ob orthodox, Jude, Muslim, Christ, Hindu, Buddhist oder was auch immer – ein Handy benutzt, kann nie in den Himmel kommen, weil es in Pixeln keine Hierarchie gibt. Es gibt kein Pixel, das besser ist als ein anderes. Kein Pixel wird sich verweigern, sich mit einem anderen zu mischen. Und wenn du sie mischst, ist es egal, welche Farbe dabei herauskommt. Also indem du ein Handy benutzt – die Logik hinter einem Mobiltelefon – sagst du, dass es keine Hierarchie im Universum gibt. Alles hat die gleiche Wertigkeit. Du kannst also keine Religion haben und alles in der gleichen Wertigkeit sehen. Einer muss besonders sein. Entschuldige, ist das zu kompliziert für dich? Wenn es keine Hierarchie unter den Menschen gibt, gibt es keine Rechtfertigung für Rassismus. Keine.

Ich verstehe die Verbindung zum Telefon und den Pixeln nicht.

Die Pixel sind digitale Logik. Dein Smartphone ist digitale Logik. Es arbeitet ohne Hierarchien. Was auch immer dort ankommt: Es macht alles gleich, die Zutaten kochen alle auf der gleichen Stufe, und daraus entsteht ein Omelett. Wenn du es auf eine andere Art zubereitest, bekommst du etwas anderes. Du bekommst ein Durcheinander, Matzenbrei.

Sie haben darüber einmal mit Hans Ulrich Obrist gesprochen …

Ja, ich mag Hans Ulrich. Ich denke, wir machen noch einmal „Utopia Station“. Das wird lustig. Vielleicht machen wir das im Brooklyn Museum, nicht im Mittelschicht-Teil von Brooklyn. Das ist out, da geht keiner mehr hin. Wenn du Leuten was zeigen willst, bringst du sie nach Manhattan oder Queens. Bring sie irgendwohin, wo es keine geschlossene Gemeinschaft, keine „gated community“ gibt.

Was meinen Sie mit „geschlossen“?

Es ist abgeriegelt. Dort gibt es keine Möglichkeit für jemanden, der nicht in irgendeiner Weise zu Geld gekommen ist. Auch wenn es nur die Mittelschicht ist, es ist eine geschlossene Gemeinschaft. Es ist nicht so, wie die Kunstwelt sein sollte. Sie haben schon alles. Worin liegt der Sinn, ein reicher und bekannter Künstler zu werden, wenn du bereits genug zu essen hast, einen Platz zum Leben und in die Ferien fährst? Was willst du mehr vom Leben?

Wenn man eine Vision hat …

Guten Sex kannst du nicht kaufen. Nein, im Ernst, es hilft nicht. Du kannst so reich sein, wie du willst, aber du hast immer noch die gleichen Probleme wie alle anderen auch.

Kann man nicht reich und Künstler sein?

Warum nicht?

Das frage ich.

Ich meine diejenigen, die noch keine Kunst zu zeigen haben. Wenn das, was sie machen, wie irgendein Studentenscheiß aussieht und auch genauso aussehen soll, weil Studenten experimentieren müssen. Du sollst dich nicht daran erinnern, was sie gemacht haben, als sie jung waren, es sei denn, sie wünschen sich das, dann ist es okay. Wenn du zur Schule gehst, bist du an einem sicheren Ort. Du kannst experimentieren. Du musst dir keine Sorgen darüber machen, ob du dich lächerlich machst oder „absteigst“. Und dein Lehrer ist dazu da, dir zu helfen durchzukommen. „Okay, das hat nicht funktioniert. Warum hat es nicht funktioniert?“, und so weiter. „Arbeite in die Richtung, in die du willst.“ Das heißt aber nicht, dass es Kunst ist. Es ist ein sehr positives Bestreben, aber es ist keine Kunst. Kunst funktioniert ganz von allein, ohne dass man irgendetwas über denjenigen wissen muss, der sie gemacht hat. Du weißt nicht, warum du einer Sache Aufmerksamkeit schenkst, du tust es einfach. Das mag ich. Aber lass uns den Künstlern, die damals in Düsseldorf waren, etwas Credit geben, dafür, dass sie die Türen geöffnet und der ganzen Welt ermöglicht haben, teilzunehmen. Das ist Großzügigkeit. Und lass uns der New Yorker Kunstszene etwas Credit geben, die die Erwartungen der anderen aufgefangen hat. Sie haben keine Probleme gemacht. Alle anderen können uns gestohlen bleiben, weil sie wirklich nichts verstanden haben.

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Lawrence Weiner